Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 3 (1911).djvu/267

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

habe. Ich denke nicht daran, den Beweis zu führen, daß sich der Nebenkläger homosexuell betätigt hat. Ich habe gar kein Interesse an irgendwelchen Beweisen. Wollen Sie mich schuldig sprechen, so muß ich es über mich ergehen lassen. – Oberstaatsanwalt Dr. Isenbiel: Ich bitte, nur eine einzige Frage möglichst präzise zu beantworten: Hat der Angeklagte mit all den Andeutungen in seinen Artikeln dem Grafen Moltke die Gefühle seiner Hochachtung oder seiner Mißachtung zum Ausdruck bringen wollen? – Angekl.: Diese Pointierung ist ganz ausgezeichnet. Ich habe aber keinen Grund, dem Grafen Moltke meine Hochachtung zu beweisen, und von einer Mißachtung ist mir nichts bewußt. Ich habe eben politische Artikel geschrieben. – Vors.: Die Wirkung der Artikel ist doch aber gewesen, daß Graf Moltke seinen bunten Rock ausgezogen hat. – Angekl.: Meines Wissens ist Graf Moltke noch im Besitze seiner Uniform. – Vors.: Jedenfalls hat er sein Amt als Stadtkommandant niedergelegt. – Angekl.: Ich habe noch keine Klarheit bekommen, aus welchen Gründen dies geschehen ist. – Vors.: Die Gründe hängen jedenfalls mit Ihren Artikeln zusammen. – Harden: Nach meiner Ansicht liegen für die Entlassung noch andere Gründe vor: Vorträge und Dissonanzen persönlicher Art, an denen ich nicht beteiligt bin. Ich sehe in meinen Artikeln kein einziges Wort, das für Graf Moltke beleidigend ist. – Vors.: Man kann auch mit halben Worten beleidigen, und das wird Ihnen zum Vorwurf gemacht. – Justizrat Bernstein: Herr Harden steht auf dem Standpunkt, den er heute präzisiert hat, daß er nämlich den Privatkläger in den inkriminierten Artikeln nicht beleidigt hat. Herr Harden hat bis zum Überdruß schriftlich und mündlich erklärt, daß er den Grafen Moltke nicht beleidigen wollte. Darauf ist ihm immer seitens der Anklagebehörde gesagt worden: Das ist nicht richtig, Sie haben schwer beleidigt! Dadurch ist sehr gegen unser Empfinden und unseren Willen uns die Beweisführung, welche