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v. Elbe und ihres Sohnes wollen wir nicht eingehen. Bringen wir hiermit das durchaus zuverlässige Gutachten des Herrn Dr. Magnus Hirschfeld in Zusammenhang, so sind wir zu dem Schluß gekommen, daß tatsächlich der Privatkläger homosexuell veranlagt ist. Die Voraussetzung trifft zu: er ist dem weiblichen Geschlecht abgeneigt, hat eine Zuneigung zu dem männlichen Geschlecht und hat gewisse feminine Eigenschaften. Alles Merkmale der Homosexualität. Es ist nicht etwa ein Beweis dagegen, daß der Graf eine Ehe eingegangen ist, denn der Sachverständige Dr. Hirschfeld hat selbst gesagt, daß solche Ehen Homosexueller entweder auf Anraten von Verwandten oder um die sexuelle Veranlagung zu kachieren, öfter eingegangen werden. Der Kläger ist homosexuell veranlagt. Es fragt sich nun: Ist diese Homosexualität anderen gegenüber erkennbar geworden? Die Zeugen, die hier unter Ausschluß der Öffentlichkeit vernommen wurden, sollten bekunden, daß in den Kreisen des Privatklägers Ausschreitungen vorgekommen sind. Es waren dann Zeugen dafür benannt worden, daß der Privatkläger diese Ausschreitungen gekannt hat. Die letztgenannten Zeugen haben vollkommen versagt, darüber ist gar kein Beweis erbracht. Also kommt die Aussage namentlich des Zeugen Bollhardt gar nicht in Frage. Nach Abgabe des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Hirschfeld konnte auch von weiterer Beweisaufnahme Abstand genommen werden, da durch die innige Freundschaft des Herrn Grafen zum Fürsten Eulenburg, die fast liebkosenden Anreden und auch durch die vielerörterte Taschentuchepisode, ein Anzeichen der Tatsache der Homosexualität gegeben ist. Diese Tatsache ist den Zeugen Frau v. Elbe und deren Sohn Leutnant Wolff von Kruse deutlich erkennbar gewesen. Das geht aus ihren Aussagen hervor. Der Kläger hat sie nicht bestreiten können. Das Gericht nimmt also an, daß der Beweis der Wahrheit erbracht ist. Es muß ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß nicht etwa hier festgestellt ist, der Graf Moltke habe