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wenn auch nur in der schärfsten Form ihrer Ausführung verbietet, daß er einen solchen sexuellen Trieb derart unterdrückt, damit er keinem anderen erkennbar wird. Es ist nun vom Angeklagten die Frage der Verjährung angeregt worden. Das Gericht hat angenommen, daß sämtliche Artikel einem einheitlichen Entschluß entsprungen sind. Der Angeklagte wollte offenbar den Privatkläger so lange herabwürdigen, bis seine vermeintliche politische Tätigkeit aufgehört hätte. Das Gericht nimmt ferner an, daß in jedem einzelnen Artikel die Merkmale der Beleidigung gegeben sind, und hält ein fortgesetztes Delikt für vorliegend. Nun ist eine Beleidigung nur dann strafbar, wenn die Tatsache, die behauptet war, nicht erweislich wahr ist. Das Gericht hat angenommen, daß der Beweis der Wahrheit dem Angeklagten geglückt ist. Zunächst ist der Privatkläger homosexuell? Dafür kommt in erster Linie in Betracht die Aussage der Frau von Elbe. Diese Aussage ist dem Gericht an sich glaubwürdig erschienen; aber sie wird noch wesentlich verstärkt durch das Auftreten des Privatklägers selbst. Das Gericht will durchaus nicht denselben Weg gehen wie die Verteidigung und etwa hier dem Grafen Moltke bewußte Unwahrheit vorwerfen. Dieser Vorwurf basierte auf Beweisen, die überhaupt gar nicht erhoben worden sind. Es waren also nur Unterstellungen. Das Gericht nimmt sogar an, daß der Privatkläger einen großen Zug von Wahrhaftigkeit an den Tag gelegt hat. Als hier gefragt wurde nach der Vernehmung der Frau v. Elbe: Herr Graf, sind die und die Behauptungen Ihrer früheren Gattin falsch, hat diese Frau einen Meineid geleistet? Da hat der Herr Graf geschwiegen. Er wußte, er muß, um seine Sache günstig zu gestalten, sagen: Die Aussage ist falsch. Er hat aber als Ehrenmann geschwiegen, und hieraus entnimmt das Gericht, daß auch er die Aussage für wahr gehalten hat. Wenn er auch später wirklich entgegengesetzte Beweisanträge gestellt hat, so ändert das doch nichts daran. Auf die Einzelheiten der Aussagen der Frau