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des Privatklägers, Justizrat Dr. v. Gordon: Ich habe gestern ermitteln können, daß der Zeuge Bollhardt, der große Physiognomiker, der in dem 27jahrigen Offizier den 50jährigen Botschafter erkannte, und sagte, „es wäre eine gewisse Ähnlichkeit zwischen einem Beteiligten und dem Grafen Moltke vorhanden“, daß diese Persönlichkeit schwer bestraft ist, und zwar durch Urteil des Kriegsgerichts der Garde-Kavalleriedivision vom November 1903, wegen Unterschlagung in mehreren Fällen, Mißbrauchs der Dienstgewalt und wegen anderer Vergehen. Er ist deshalb degradiert und in die zweite Klasse des Soldatenstandes versetzt, was mit dem Verlust des Rechtes, die Nationalkokarde zu tragen, verbunden ist. Er ist auf die Festung Spandau geschickt worden. Dies ist der einzige Mann, der es gewagt hat, meinen Mandanten mit den Schmutzereien in Verbindung zu bringen. Es kommt mir darauf an, hier vor der Öffentlichkeit dies festzustellen, damit die Welt erfährt, was für ein Mann dieser Zeuge ist. Herr Harden wird mir wohl auch dankbar dafür sein, daß ich ihn über die Qualität und den Wert dieses Zeugen aufgeklärt habe, damit er sich im weiteren Ver- fahren nicht mehr auf diesen Zeugen beruft. – Vors. Amtsrichter Dr. Kern: Herr Justizrat! Der Zeuge Bollhardt war dafür benannt, daß in einem Kreise, in welchem der Privatkläger verkehrte, sexuelle Ausschweifungen vorgekommen seien, dann waren zwei andere Zeugen benannt, die bekunden sollten, daß der Privatkläger Kenntnis davon gehabt hat. Dieser zweite Beweis ist mißlungen, und es liegt deshalb wohl keine Veranlassung vor, auf das Zeugnis des Bollhardt zurückzukommen. – Justizrat Dr. v. Gordon: Dann habe ich nichts weiter zu bemerken. – Der Vorsitzende, Amtstichter Dr. Kern, verkündete darauf folgendes Urteil: Das Gericht hatte allein zu prüfen, was der Angeklagte in diesen acht Artikeln, die der Anklage beigefügt sind, gesagt hat. Es ist unerheblich, wie er später seine Ausdrücke gedeutet hat. Es ist auch ganz unerheblich, was er hierzu in der jetzigen