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Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Freiherr Marschall v. Biberstein unterlegen in der Tausch-Affäre, einer Affäre, über die der frühere Botschafter in Wien, wenn er uns die Ehre seiner Anwesenheit geschenkt hätte, genötigt gewesen wäre, sehr viele Sachen mitzuteilen. Marschall war nicht mehr möglich, aber Fürst Eulenburg ist, trotzdem er eng verwickelt war in diese Angelegenheit, noch stark genug gewesen, den Nachfolger selbst zu kreieren. Er ersah dazu den Bülow in Rom. Bülow wollte nicht; er hatte eine italienische Gemahlin, die fuhr zu Eulenburg, aber dort war nichts zu machen. Ich erwähne das ausdrücklich, da es beweist, daß es tatsächlich eine okkulte Instanz gab, die die Sache machte. Die Frau fuhr nicht nach Berlin und stellte Majestät die Sache vor, sondern nach Wien und bat Eulenburg, er möchte sie in Rom lassen. Eulenburg sagte: Bernhard muß nach Berlin – die Herren duzten sich ja auch. Als sie meinte: Tun Sies doch lieber!! sagte Eulenburg: „Nein, ich will Könige machen, aber nicht König sein!“ – Das ist einer dieser Fälle, von denen ich Ihnen eine ganze Reihe aufzählen könnte. Auch dieser vierte Kanzler ist in Todfeindschaft geraten mit dem Manne, der ihn kreiert hatte. Auch dadurch geht ein tiefer, äußerlich kaum verhüllter Haß. Vier Kanzler haben es versucht, seinen Einfluß zu beseitigen, es ist ihnen nicht gelungen. Ich habe den Versuch auch gemacht. Er ist mir nicht gelungen, aber ich habe mitgewirkt, daß es geschehen ist. Ich habe mitgewirkt daran, daß heute Fürst Eulenburg keinen politischen Einfluß mehr hat; daß der Herr Botschaftsrat Lecomte nicht mehr in Berlin ist. Ich glaube nicht, daß er unsere Stadt wieder betreten wird. Halten Sie das für ein nationales Glück oder für ein nationales Unglück? Ich halte es für ein Glück. Wissen Sie, was geschehen war, wissen Sie, daß wir unmittelbar vor einem Kriege standen mit zwei Nationen? Wissen Sie, warum wir zu der Marokkoaffäre kamen? Hatten wir da was zu suchen, haben