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deutsche Volk anerkennen wollen. Wenn Sie Herrn Harden verurteilen, werden Sie deutsche Männer nicht ermutigen, sich mit Politik zu beschäftigen. Dann werden diejenigen, die da glauben, daß es wahr ist, was Harden geäußert hat, sagen: Wenn man in Deutschland die Wahrheit sagt, wird man bestraft! Nun sagen Sie durch Ihr Urteil: Im Deutschen Reiche darf ein deutscher Mann die Wahrheit sagen! – Justizrat Dr. v. Gordon trat den Worten des Verteidigers in längeren Ausführungen entgegen. Die Tatsache, daß die Staatsanwaltschaft die Erhebung der öffentlichen Anklage abgelehnt hat, suchte er zu erklären, indem er auf folgenden Satz in dem Beschlusse hinweist: „Wenn den Mitgliedern der Tafelrunde homosexuelle Dinge vorgeworfen werden, so handelt es sich um Dinge aus dem allerintimsten Privatleben der dazugehörigen Herren, welche natürlich ein öffentliches Interesse nicht beanspruchen können.“ – Alsdann erhob sich, sichtlich in großer Erregung, der Privatkläger Kuno von Moltke und machte, unter Zuhilfenahme eines Konzepts, folgende Ausführungen: Würde ich hier stehen, wenn ich nicht vor Gott und den Menschen sagen könnte, ich fühle mich nicht schuldig! Ich begreife es nicht, weshalb man mir immer wieder die Frage vorlegt, weshalb ich nicht mehr Stadtkommandant bin. Denken Sie denn, ich kann als Kommandant in Uniform hier sitzen und mir zwei Stunden lang Lügenhaftigkeit und andere Beschuldigungen vorwerfen lassen? Dann soll ich hinausgehen und soll verlangen, daß ein Mann auf der Straße mich grüßt, mir mit Achtung und Respekt begegnet? Nein! Das geht nicht, und das ist die ganz einfache Lösung dieser Frage. Jeder Soldat weiß, daß dies nicht geht! (Mit zitternder Stimme): Ich bin selbst nur ein einfacher Soldat, ich besitze keine rhetorische Gewandtheit, ich bin nicht gewöhnt, mich vor einem Forum gegen Verdächtigungen und den Vorwurf der Lügenhaftigkeit zu wehren. Aus der Kabinettsorder vom 24. Mai geht nur hervor, daß ich zur Disposition gestellt worden bin, nichts