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Anhauch vergiftend wirken muß? Dieselben Beschuldigungen sind auch gegen den deutschen Reichskanzler Fürsten Bülow – ich glaube, mit absolutestem Unrecht – erhoben worden. Was hat er getan? Er wäre ja verrückt, wenn er deswegen sein Amıt niedergelegt hätte. Er hat es nicht getan, warum? Er ist unschuldig, er hat sich nicht zu fürchten. Dem Reichskanzler Fürst Bülow hat es die Staatsanwaltschaft auch geglaubt, daß er unschuldig ist, und weil sie es ihm geglaubt hat, deswegen hat sie die öffentliche Klage für Bülow erhoben und für Moltke abgelehnt. Nicht ein deutscher Edelmann und Soldat mußte so handeln wie der Kläger, sondern ein Schuldiger. Wir schonen noch immer den Privatkläger, ich glaubte sicher, er würde schon am zweiten Verhandlungstage die Klage zurücknehmen. Der Kläger widerspricht sich selbst, wenn er auf der einen Seite erklärt, seine Entlassung habe mit den sexuellen Dingen nichts zu tun, und dann den Wunsch daran knüpft, Harden solle recht hart verurteilt werden, weil er an dem Verlust des Amtes schuld sei. Glauben Sie denn, daß die bloßen Artikel der „Zukunft“ die Amtsentlassung des Fürsten Eulenburg und des Grafen Moltke veranlaßt hätten, wenn sie nicht wahr wären? Diese Meinung wäre ja beinahe eine Majestätsbeleidigung. Für den Kaiser ist die Annahme absolut beleidigend, und die Annahme ist deshalb absolut falsch, daß so ernste Entschließungen, wie die Entfernung der Träger alter Namen aus ihren Ämtern, ohne genügende Prüfung gefaßt werden. Für mich ist die Frage: Sind Fürst Eulenburg und Graf Kuno Moltke so aufgetreten, daß das Vorgehen des Schriftstellers Harden berechtigt war?, für mich ist diese Frage bereits entschieden, und zwar von allerhöchster Stelle durch Se. Majestät den Kaiser. Ich berufe mich auf Se. Majestät, um dessen Meinung über den Grafen Kuno Moltke zu hören. Er denkt über ihn so, daß er trotz alles dessen, was der Verteidiger an dem Kläger rühmte, ihn aus seiner Stellung und aus seiner Nähe entfernt hat. Das ist das Urteil, das schon gefällt worden