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wenn sie sich unschuldig fühlten? – Klagen! Das deutsche Wort: Klagen! Und wenn sie nicht klagen, dann sind sie schuldig! Denn für einen Ehrenmann, dem man so etwas nachsagt, gibt es nur eins. Herr Lecomte konnte abreisen, aber er mußte vorher einen deutschen Rechtsanwalt mit der Anstrengung der Klage beauftragen. In den ersten fünf Minuten, nachdem wir zusammen waren, habe ich Herrn Harden schon gesagt: Die Freunde werden den Moltke vorschieben und ihm sagen, dir kann man vielleicht nicht viel beweisen, dann haben wir doch wenigstens geklagt. So ist es auch gekommen. Vor Verleumdungen soll man nicht fliehen. Wenn Herr Lecomte nicht allein so viel Ehrgefühl hat, so hätten ihn die anderen als Ehrenmänner dazu zwingen müssen. Der einfachste Beweis des Grafen Moltke wäre für ihn doch die Zeugenvernehmung der Herren Fürst Eulenburg, Graf Hohenau und Lecomte gewesen, – wenn er sich unschuldig gefühlt hätte. Herr Graf Moltke hatte den Staatsanwalt ersucht, ex officio einzuschreiten. Der Staatsanwalt hat es abgelehnt. Bei der Beschwerde darüber ist der Kläger in allen Instanzen abgewiesen worden. Ihm wurde überall gesagt: „Diese Sache machen Sie gütigst allein!“ (Heiterkeit.) Ich denke mir, daß die königlich preußische Staatsanwaltschaft, wenn einem Manne, der vor ganz kurzem noch Stadtkommandant von Berlin war, eine Verfehlung gegen die Strafgesetze vorgeworfen wird, es für geboten erachtet hätte, die öffentliche Klage zu erheben. Wenn die Staatsanwaltschaft hiervon abgesehen hat, so geschah es wahrscheinlich, weil der Staatsanwalt mit der Sache nichts zu tun haben will, weil sie nicht geeignet scheint, die Autorität des Staates dafür einzusetzen! Es gibt allerdings auch noch die Möglichkeit, daß nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ja gar keine Beleidigung vorliegt. Der Kläger ist ein ganz eigentümlicher Herr und eigentümlicher Freund seiner Freunde! Er hat einen intimen Lebensfreund, den Fürsten zu Eulenburg. Man sollte es nicht für möglich halten, daß für diesen Orest dieser