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Standpunkt. Er hat in seinen Artikeln unter Berufung auf Friedrich den Großen, Michelangelo und andere große Männer die Meinung vertreten, daß diese Männer durch ihre homosexuelle Veranlagung nicht gehindert wurden, hervorragend tüchtige Politiker und Künstler zu sein. Weshalb denn nun hier plötzlich so viel moralisches Bewußtsein bei dem Beklagten dafür, daß der eine oder der andere infolge seiner homosexuellen Veranlagung ungeeignet sei zur Politik. Weshalb? Ja, mit politischen, sachlichen Mitteln konnte Herr Harden seinen Zweck, den Fürsten Eulenburg zu verdrängen, nicht erreichen. Da griff er zu dem Mittel, diese angeblichen Perversionen zu benutzen und damit den Mann und die mit ihm zusammen waren, unmöglich zu machen. Fabelhaft glücklicher Gedanke. Fürst Bismarck hatte ihm ja gesagt, Eulenburg sei Päderast. Das fiel ihm jetzt ein: Halt, damit kann ich den Mann jetzt stürzen. Aber wenn der eine gestürzt werden sollte, wollte er auch den Freund mit stürzen. Deshalb mußte auch der ganz unpolitische Moltke mit hineingezogen werden. Nun trifft sich das so glücklich, daß zufällig der französische Botschaftsrat Lecomte in Liebenberg zu einer Jagd eingeladen und dort Sr. Majestät vorgestellt wurde. Schließlich wird der Graf Hohenau hineingebracht, der mit den übrigen Herren nichts zu tun hat. Wir sehen, wie fein die Intrige eingefädelt ist. (Harden lachte hierbei.) Es muß ein Kreis konstruiert werden, ein Kreis, der nicht existiert, der aber die Idee der Perversität stärkt. Nicht irgendwelche politischen Gesichtspunkte hat Herr Harden hier vorgebracht. Er würde diesen Vorwurf nicht erhoben haben, wenn er nicht auf der Seite derjenigen gestanden hätte, die in diesem Falle für „Weltbrände“ waren, sondern, wenn er auf Seiten derjenigen gewesen wäre, die auf der Seite des Weltfriedens waren. Ich glaube, auch der Weltfriede hat doch gewisse Meriten. Harden hatte neben seinem politischen Zwecke auch einen kleinen Nebenzweck und konnte bei dieser Gelegenheit erreichen, den Grafen Moltke zu vernichten,