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Kalenders den Privatkläger wiederzuerkennen geglaubt als einen Mann, der auch in der Adler-Villa verkehrt habe. Dieses Wiedererkennen nach so langer Zeit ist schon an sich sehr verdächtig; seine Behauptung leidet aber außerdem an großer innerer und äußerer Unwahrscheinlichkeit. Es ist dieser Herr Bollhardt, dieser verheiratete Mann, der um Verschweigung seines Namens ersucht hat. Er hat selbst seine Kameraden in jenen Kreis der Unsittlichkeit eingeführt und selbst an jenen Dingen teilgenommen und nach vielen Jahren Herrn Harden davon Mitteilung gemacht. Da möge jeder erwägen, welchen Glauben dieser Mann verdient. Ich bedaure unendlich, daß es nicht gelungen ist, eine Gegenüberstellung des Zeugen Bollhardt mit dem Fürsten Eulenburg zu ermöglichen. Positiv hat Bollhardt nur eine Beteiligung des Grafen Lynar und des Grafen Wilhelm Hohenau bekundet. Bollhardt sagte, der Privatkläger hat eine Ähnlichkeit mit einem der damaligen Beteiligten; auch glaube er bestimmt, sagen zu können, daß Graf Moltke dabei gewesen sei, nur habe er damals mehr Haare gehabt. Ich frage: Halten Sie es für möglich, daß sich Graf Moltke als bedeutend älterer Mann: im Kreise 27–30jähriger Männer vergehen wird? Ich halte das für vollständig ausgeschlossen. Graf Moltke hat sein Ehrenwort gegeben, daß er sich in keiner Weise nach dieser Richtung vergangen hat. Ich will nun auf die Vorgänge betreffs des Abschieds des Grafen Moltke zurückkommen. Als der Artikel in der „Zukunft“ erschien und Sr. Majestät vorgelegt wurde, hat Graf Moltke dem General-Adjutanten sofort sein Ehrenwort gegeben, daß die Behauptung des Blattes unwahr ist. Dann aber hat er sich gesagt: Ich bin so schwer belastet, so daß ich genötigt bin, einstweilen mein Amt niederzulegen, um mich gegen die Verdächtigungen zu wehren und mich reinigen zu können. Das ist der Standpunkt eines preußischen Offiziers. Das Amt ist nicht für den Mann da, sondern der Mann für das Amt. Erst mußte jeder Schatten eines Verdachts beseitigt werden. Wenn Seine Majestät der Kaiser in einer