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Beschuldigungen an den Kaiser gelangten, habe er dem General-Adjutanten v. Pleßen sein Ehrenwort gegeben, daß er niemals mit Männern sexuellen Umgang gehabt habe. Er habe alsdann sein Abschiedsgesuch mit der Begründung eingereicht, daß es nach seiner Meinung nicht angängig sei, daß ein Mann, der unter so schweren Verdächtigungen zu leiden habe, in der nächsten Umgebung des Kaisers bleibe. Er sei deshalb in der üblichen Form zur Disposition gestellt worden. – Darauf nahm der Rechtsbeistand des Privatklägers, Justizrat Dr. v. Gordon das Wort zur Schuldfrage: M. H.: Es ist wohl in diesem Saale niemand, der nicht mit tiefster Beschämung und Entrüstung von den Vorgängen Kenntnis genommen hätte, die in der Adler-Villa des Grafen Lynar in Potsdam sich ereignet haben. Es ist umso bedauerlicher, daß diese furchtbaren Dinge vorgekommen sind von den Führern der Garde, zu der aus allen Teilen des Reiches die Elite strömt und infolgedessen zu befürchten ist, daß von da die Anschauungen, die sie dort empfangen haben, hinausgetragen werden, in das Land. Was dadurch an Disziplin vernichtet wird, kann durch keinen Drill wieder gut gemacht werden. Die tiefe Entrüstung, die alle Deutschen über diese Vorgänge mit Recht erfüllt, hat ihren vollen Widerhall in dem Herzen des Privatklägers. Diese Entrüstung beweist, daß der Kern des deutschen Volkes mit diesen Schmutzereien nichts zu tun hat. Was haben diese schmutzigen Vorgänge aber mit diesem Prozesse zu tun? Ist etwa der Privatbeklagte derjenige gewesen, der in dieses Sodom und Gomorrha hineingeleuchtet hat? Hat er etwa der Tugend eine Stätte bereitet? Nein, dieses Verdienst kann er sich nicht zuschreiben, sondern es ist das Verdienst eines einfachen Mannes aus dem Volke, des Burschen des Grafen Lynar. Um das Bindeglied mit den Anschuldigungen gegen den Grafen Kuno von Moltke herzustellen, ist der Zeuge Bollhardt in die Erscheinung getreten, der die Behauptung aufstellt: er habe nach einer Zeit von zehn Jahren in einem Bilde des Gothaischen