Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 3 (1911).djvu/221

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

hält das Gericht nicht für zulässig; deshalb nimmt es von der weiteren Vernehmung Abstand. – Auf die Frage, ob noch weitere Beweisanträge gestellt werden, erklärte Justizrat Bernstein: Ich habe wesentliches Interesse an der Vernehmung des Chefredakteurs Dr. Liman, der wörtlich folgendes bekunden wird: „Im Laufe eines Gesprächs mit ihm hat Fürst Bismarck folgendes geäußert: Die Hintermänner im doppelten Sinne, auch im physischen – siehe Eulenburg – sitzen in Liebenberg. Diese Leute umgeben den Kaiser und schließen ihn ab. Der Kaiser glaubt, daß Niemand ihn beeinflußt, und für die amtlichen Berater trifft das zu; aber die Leute, diese Menschen, die ihm an Geist und Willen unterlegen sind, haben eine gegenseitige Lebensversicherung abgeschlossen. Diese männlichen Kinäden treiben alles von ihm fort, was ihnen paßt. Das Schlimmste ist, daß solche Leute immer die Meinung des regierenden Herrn haben. Wenn der Kaiser etwas sagt und sich umsieht, sieht er immer nur anbetende Gesichter auf sich gerichtet. Sie geben ihm immer recht und schaffen so ein Gegengewicht gegen die Berater, die ihm pflichtgemäß opponieren müssen.“ – Es erschien auf Aufruf in Majorsuniform der Platzmajor Ernst von Hülsen im Saal. – Vors.: Herr Major, Sie sollen darüber vernommen werden, ob der Herr Privatkläger Kuno v. Moltke wußte, daß sich in dem bekannten Freundeskreis Herren befanden, die homosexuell veranlagt waren. Hat Herr Graf Moltke einmal irgend etwas mit Ihnen darüber gesprochen? – Zeuge: Nein, darüber ist nichts gesprochen worden, wenigstens hat in meinem Beisein Exzellenz Graf Moltke hierüber nichts geäußert. – Vors.: Haben Sie selbst vielleicht eigene Wahrnehmungen darüber gemacht? – Zeuge: Nein, ich habe mich nicht darum bekümmert. – Justizrat Dr. v. Gordon: Haben Sie selbst etwas gewußt, daß sich Graf Lynar sexuelle Verfehlungen hat zuschulden kommen lassen? – Zeuge: Nein. – Justizrat Bernstein: Herr Major, ich lege auf folgende Frage besonderes Gewicht: