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der Lage, den Herrn wiederholt zu unterbrechen und ihn darauf hinzuweisen, daß er sein Gutachten nur auf Grund der Ergebnisse dieser Verhandlung abzugeben hat und nicht auf Grund privater Erkundigungen. Ein Sachverständiger, der in dieser Weise alle zwei Minuten unterbrochen werden muß, ist nicht imstande, hier als Sachverständiger zu fungieren. Ich protestiere gegen dessen weitere Vernehmung und schlage wiederholt Herrn Prof. Dr. Eulenburg oder Herrn Dr. Moll als Sachverständige vor. – Justizrat Dr. v. Gordon: Ich hatte gerade Herrn Dr. Merzbach vorgeschlagen, weil er der zweite Vorsitzende des wissenschaftlich-humanitären Komitees ist und genau dieselbe Grundanschauung hat, wie Dr. Hirschfeld. – Harden: Ich habe wohl 50 Briefe von Ärzten bekommen, in denen es hieß, daß ich gegen diesen Sachverständigen doch sofort protestieren müßte, da nicht der geringste Grund vorliegt, diesen Herrn als Sachverständigen gelten zu lassen. Ich frage, auf Grund welcher wissenschaftlichen Arbeiten Herr Dr. Merzbach, der in der Chausseestraße praktiziert und an seinem Hause ein Schild hat: „Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten“ zur Qualtät eines Sachverständigen kommen soll? – Vors.: Herr Dr. Merzbach sind Sie schon einmal medizinischer Sachverständiger gewesen? – Dr. Merzbach: Gewiß, schon sehr häufig! – Justizrat Bernstein: Ich wiederhole, daß sich dieser Sachverständige einseitig auf Angaben stützte, die ihm vom Privatkläger und dessen Freunden gemacht worden sind. Das Gutachten des Dr. Hirschfeld war das Muster eines völlig unparteiischen Gutachtens, Dr. Merzbach kann aber nicht als unparteiisch gelten. – Das Gericht zog sich zur Beratung über diesen Ablehnungsantrag zurück. – Vors.: Amtsrichter Dr. Kern verkündete darauf folgendes: Das Gericht will dem Sachverständigen durchaus nicht nahetreten, es ist aber der Ansicht, daß der Sachverständige außerhalb der Beweisaufnahmeein Bild gewonnen hat, welches er nunmehr in seinem Gutachten wiedergibt. Dies