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„unpolitisch“ hingestellte Graf Kuno v. Moltke es nicht gewußt haben sollte. (Mit lauter Stimme und auf den Tisch schlagend): Ich habe es gewußt, ich wohne im Grunewald und bin Schriftsteller und ich weiß es seit Jahren! Es würde ein merkwürdiges Maß Naivetät verraten, wenn der Privatkläger es nicht gewußt haben sollte. Wenn Anreden gewechselt werden, wie „Mein Geliebter! Meine Seele! Ich halte mich verpflichtet, meinen Freunden zu leben! Ich kann auch nach meiner Veranlagung nur meinen Freunden leben“, derartige Sachen legen doch mindestens den Verdacht nahe, daß seine Freundschaft „erotisch betont“ war. (Mit zornbebender Stimme): Es schreiens ja doch die Spatzen von den Dächern!! Drängen Sie mich noch weiter, dann würde ich Ihnen Mitglieder von Herrscherhäusern vorführen, die da sagen: Ist es denn möglich, daß das überhaupt noch bestritten wird! (Auf den Privatkläger weisend und laut ausrufend): Dieser Mann hat sich ja doch den Rock nur zu erhalten gewußt durch eine Unwahrheit!! – Der Vorsitzende ersuchte den Angeklagten, sich zu mäßigen. – Justizrat Bernstein: In einer und derselben Stunde sind die drei in den Artikeln genannten Männer ihrer Stellung verlustig gegangen! Hat Graf Kuno Moltke wirklich den Mut zu leugnen, daß der Verlust der Stellung seitens der drei Herren in unlösbarem Zusammenhang mit ihren sexuellen Neigungen stand? Ich berufe mich eventuell in dieser Beziehung auf den Chef des Militärkabinetts von Hülsen-Haeseler. – Vors.: Herr Privatkläger wollen Sie sich einmal darüber äußern? – Graf Moltke: Es ist im allgemeinen nicht Sitte, daß man über militärische Intimitäten spricht. Ich äußere mich darüber nur so weit als es zulässig ist. Ich habe meinen Abschied eingereicht unter der Motivierung, daß ich unter einem Verdacht stehe, dessen Beseitigung zunächst nicht sofort möglich war, der es aber nicht angängig erscheinen ließ, daß ich unter der Wucht solcher Verleumdungen in meiner Stellung bleibe. Ich habe