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ist. Der Gedanke, daß Graf Kuno v. Moltke auf eigene Faust Politik treibe und seine Beziehungen zum Deutschen Kaiser dazu ausnutze, liegt mir ganz fern. Denn es ist nicht zu denken, daß der hohe Herr davon nichts merken sollte, und es ist ganz klar, daß Graf Kuno v. Moltke sofort seiner Stellung verlustig gegangen wäre, wenn der Kaiser einen solchen Versuch gemerkt hätte. Wir behaupten aber, daß Graf Kuno v. Moltke den Fürsten Eulenburg konstant und jahrelang auf dem Laufenden gehalten hat über alle Dinge, die am Hofe passierten, über Stimmungen, Maßnahmen und Personalfragen usw. Das alles war für den Fürsten Eulenburg wichtig. Eine vom Kaiser zu extrahierende Aussage, wenn sie möglich wäre, würde also gar nichts beweisen. Die Gegenseite will die Grafen Lynar und Hohenau geladen haben und hat mit Emphase erklärt, daß dieser Prozeß nicht zu Ende gehen könne, ohne daß diese beiden Herren vernommen werden! Ich glaube nicht, daß diese beiden Zeugen nach den bisherigen Ergebnissen dieses Prozesses sich dazu verstehen werden, vor einem deutschen Gerichtshof auszusagen. Ich sehe in solchem Antrage nur den Versuch, den Prozeß zu verschieben. – Ferner macht man den Versuch, die furchtbare Aussage der Zeugin Frau v. Elbe, die hier schweren Herzens und wider ihren Wunsch Bekundungen gemacht hat, zu erschüttern, indem man sie als nicht ganz zurechnungsfähig infolge früheren Trionalgenusses hinzustellen versucht. Gerichtshof, Juristen und Laien hier im Saale werden darin einig sein, daß die Aussage dieser Frau nicht so zu bewerten ist, als ob jemand über Wahrnehmungen in der Straßenbahn usw. vernommen wird, sondern daß sie ein Komplex von ungeheueren Erlebnissen war. Sie ist entweder in toto richtig oder falsch. Man hat jetzt nicht mehr gewagt, diese Aussage als absichtlich falsch hinzustellen, vielleicht, weil sie nicht mehr, wie vor Jahren allein und ohne Hilfe dasteht, sondern jetzt zwei Männer an ihrer Seite hat, die sie schützen werden: