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ist vor der Zeugin geflüchtet. – Harden: Ist es richtig, daß die Verkehrsformen mit dem Fürsten Philipp Eulenburg so waren, daß nicht nur die Frau Zeugin, sondern auch ihr damals zehnjähriger Sohn, der jetzige Leutnant Wolf v. Kruse aus Brandenburg a. H., davon so impressioniert war, daß er spielend einem Bediensteten gegenüber nachgemacht hat, wie sich diese beiden Herren angehimmelt haben? – Zeugin: Ja, das ist ganz richtig. – Harden: Hatte Graf v. Moltke, wenn er von dem jetzigen Fürsten Eulenburg getrennt war, diesem Berichte und Briefe zu schreiben über das, was der deutsche Kaiser sagt und tut? – Zeugin: Graf Moltke hat mir selbst gesagt, daß er häufig Berichte an den Fürsten Eulenburg schicken müßte. – Harden: War der Botschafter Eulenburg nicht sehr indigniert darüber, daß Graf v. Moltke, anstatt in Berlin zu bleiben, nach Wien versetzt wurde? Glaubte er nicht, daß dies auf Sie zurückzuführen war? – Zeugin: Ja. Harden: Ist es richtig, daß der Privatkläger gesagt hat: Wir haben einen Kreis um S. M. geschlossen, da kommt niemand hinein! – Zeugin: Das habe ich von meiner Mutter gehört. – Der nächste Zeuge Leutnant Wolf von Kruse vom 6. Kürassier-Regiment, der Sohn der geschiedenen Gräfin Moltke, wurde darüber befragt, ob er bemerkt habe, daß Graf Moltke eine Abneigung gegen das weibliche und eine Vorliebe für das männliche Geschlecht hatte. Der Zeuge bekundete: Ich sah als Kind, wie Graf Moltke das Taschentuch Philipp Eulenburgs küßte und dabei rief: „Mein Geliebter, meine Seele!“ Ich war damals etwa zehn oder zwölf Jahre alt, aber mir kam dieses Benehmen eines Mannes schon ganz wunderlich vor. – Vors.: Haben Sie als Kind nicht auch ein Spiel gehabt, bei dem Sie den Verkehr des Grafen Moltke mit dem Grafen Eulenburg nachahmten? – Zeuge: Jawohl, wir machten das schwärmerische Anhimmeln der beiden Männer nach. – Justizrat Dr. v. Gordon: Es ist auffallend, daß dem Herrn Zeugen die Ereignisse