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weilte. Die Zeugin bestätigte weiter auf Befragen des Verteidigers, daß Graf Moltke ihren Eltern, bei denen sie sich über das Verhalten ihres Mannes beschwert hatte, geantwortet habe: Er habe doch seiner Frau gleich von Anfang an ein Buch Tolstois gegeben, in welcher eine Ehe beschrieben wird, die eigentlich keine Ehe war. – Justizrat Bernstein: Sie haben also aus Äußerungen und dem Verhalten des Grafen Moltke den bestimmten Eindruck empfangen, daß Graf v. Moltke den Verkehr zwischen Mann und Weib nicht billigt? – Zeugin: Ja. – Justizrat Dr. v. Gordon: Ist es richtig, daß Sie bald nach Ihrer Verlobung eine sehr aufgeregte Depesche nach Wien gerichtet haben, daß der Graf Moltke die Verlobung schon aufheben wollte, aber auf Ihr Bitten davon Abstand nahm? Die Zeugin schwieg. – Vert.: Ist Ihre Ehe überhaupt einmal eine Ehe gewesen? – Zeugin: Ich glaube nein! – Graf v. Moltke: Es ist sehr schwer für mich, darüber zu sprechen, denn es kommt mir da die Erinnerung zurück an trübe Zeiten meines Lebens. Wenn ich ein solches Scheusal von solcher Bestialität wäre und solche rohen Ausdrücke und Empfindungen bekundet hätte, so weiß ich nicht, warum die Frau nicht gleich am ersten Tage wieder von mir gegangen ist. – Zeugin: Darf ich das erklären ? Graf Moltke war so sehr musikalisch und das hat mich immer wieder gefesselt. – J.-R. Dr. v. Gordon: Ist es richtig, Frau Zeugin, daß Sie Ihrem damaligen Manne bei einer Szene den Kneifer und die Achselstücke her- abgerissen haben? – Zeug..: (weinerlich): Das habe ich nicht mit Fleiß getan, sondern mich nur gewehrt. – Harden: Die Mutter der Frau Zeugin, Frau v. Heyden geb. v. Wartensleben, hat mir mitgeteilt, und zwar schon vor Jahren, in wie schwerer Weise die Zeugin in der Ehe gemißhandelt worden ist. (Zur Zeugin): Ist es richtig, daß sich der Privatkläger nachts manchmal eingeschlossen hat, damit Sie nicht den Raum, in welchem er schlief, betreten konnten? – Justizrat Dr. v. Gordon: Das ist richtig, der Privatkläger