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doch, daß die geschiedene Gattin nach keiner Richtung etwas aussagen werde, was ihm schaden könne. – Der Antrag auf Ausschluß der Öffentlichkeit wurde abgelehnt. – Zeugin Frau Lili v. Elbe, geb. v. Heyden, geschiedene Gräfin Moltke, eine schlanke, hübsche Blondine, 39 Jahre alt, bekundete auf Befragen des Vorsitzenden, ob der Privatkläger dem weiblichen Geschlecht besonders abhold ist: Ja, meine persönliche Ansicht ist, daß Graf Moltke dem weiblichen Geschlecht sehr abgeneigt ist. – Justizrat Bernstein: Ist es richtig, daß, als der Graf Moltke von der Reise zurückkam, er mit Beziehung auf das gemeinschaftliche Schlafzimmer äußerte: „Das ist ja die reine Notzuchtsanstalt! Wochenlang habe ich, Gott sei Dank, keine Weiber gesehen! – Zeugin (mit zitternder Stimme): Ja, das ist wahr! – Vert. Justizrat Bernstein: Ist es richtig, daß Graf Moltke Ihnen wiederholt erklärt hat und zwar in Gegenwart Ihrer Mutter: Die Ehe ist eine Schweinerei – und zwar soll er das nicht in dem Sinne gesagt haben, daß eine Ehe ohne Liebe eine Schweinerei sei, sondern die Ehe als Institut überhaupt. – Zeugin (bewegt): Ja, auch das ist wahr. – Vert.: Hat er nicht den Ausdruck gebraucht, als es sich um eine Frau handelte, die in anderen Umständen war? – Zeug.: Ja. – Vert.: Hat der Graf Moltke nicht zu Ihnen selbst, seiner Frau, gesagt: eine Frau ist für ihren Mann nicht mehr als ein Klosett, was bist du denn anderes? – Zeugin (mit weinerlicher Stimme): Ja, er hat sich so ausgedrückt. – Vors.: Ist Ihnen bekannt, daß der Privatkläger Männerverkehr pflegt? – Zeugin: Ich weiß nur, daß Graf Moltke seine Freunde über alles liebt. Eines Tages hatte Graf Philipp Eulenburg nach einem Besuch sein Taschentuch im Zimmer Graf Moltkes vergessen. Als Graf Moltke das Tuch fand, drückte er es inbrünstig an die Lippen und sagte: „Meine Seele, meine Liebe!“ Von seinen Freunden sprach er oft schwärmerisch, er war zu ihnen viel zärtlicher als zu seiner Gattin und belegte Phili Eulenburg mit Kosenamen wie: „meine Seele,