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erst mit dem Tage, wo er beim Kaiser in Ungnade fiel. – Justizrat Dr. v. Gordon: Ich behalte mir vor, durch das Zeugnis des Herrn Grafen Otto v. Moltke zu beweisen, daß der Angeklagte die Vorwürfe in seinen Artikeln in dem Sinne gemeint hat, wie sie der Kläger aufgefaßt hat, daß der Beklagte dabei nicht an harmlose, sondern an recht schwerwiegende Dinge dachte. Die Behauptung, ein Soldat empfindet normwidrig, ist schon geeignet, ihn herabzusetzen; der Beklagte ist aber noch viel weiter gegangen. – Es kam alsdann zu längeren Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern beider Parteien über die Zulässigkeit der Vernehmung verschiedener vom Beklagten vorgeschlagenen Zeugen. Justizrat Dr. v. Gordon wendete sich besonders gegen die Vernehmung der geschiedenen Gräfin Moltke, die unter den Folgen einer Trionalvergiftung gelitten habe. – Justizrat Bernstein: Die Gräfin hat nicht unter Trionalvergiftung, sondern unter der Behandlung durch ihren Gemahl gelitten. Wenn dem Grafen Kuno Moltke vor ganz Deutschland der Vorwurf gemacht wurde, er habe die Ehe eine „Schweinerei“, die Frauen „Klosetts“ und das Ehebett eine „Notzuchtanstalt“ genannt, so sollte er doch selbst ein Interesse an der Zurückweisung dieser Vorwürfe haben und sich nicht gegen die Zeugenvernehmung sträuben. – Justizrat Dr. v. Gordon: Wir sträuben uns gegen die Zeugenvernehmung, weil wir keinen Schmutz waschen wollen. – Nachmittags erklärte der Vorsitzende: Der Gerichtshof hat beschlossen, den Beweis, ob der Privatkläger dem weiblichen Geschlecht besonders abgeneigt ist, zuzulassen und zunächst die geschiedene Frau des Grafen von Moltke zu vernehmen. – Justizrat Dr. v. Gordon: Ich stelle dann den Antrag, die Öffentlichkeit auszuschließen, da hier geschlechtliche Dinge zur Sprache kommen werden, die geeignet sind, die öffentliche Sittlichkeit zu gefährden. – Vors. Amtsrichter Dr. Kern: Ich weiß gar nicht, weshalb gerade der Privatkläger zu diesem Antrage kommt. Er behauptet