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auf vorgeschriebenem Wege von diesen Verfehlungen Kunde gegeben habe. – Vors.: Herr Privatkläger! Der Angeklagte behauptet, Sie hätten eine Abneigung gegen das weibliche Geschlecht? Ist das richtig? – Graf von Moltke: Dann hätte ich wohl nicht geheiratet. – Justizrat Bernstein: Herr Harden kennt die Ehescheidungsakten des Grafen von Moltke ganz genau. Durch Zeugen wird eidlich bekundet werden, daß Graf Kuno von Moltke nicht einmal, sondern unzählige Male gesagt hat: Die Ehe ist eine Schweinerei, ich lebe nicht für meine Frau, sondern für meine Freunde, das gemeinsame Schlafzimmer ist nur eine Notzuchtsanstalt. Das alles war Herrn Harden bekannt, und so ist es doch nicht auffällig, daß er aus dieser seiner Kenntnis der Dinge zu seinen Schlußfolgerungen gekommen ist. – Justizrat Dr. v. Gordon: Daß dem Angeklagten die geschiedene Ehefrau des Privatklägers derartige Dinge mitgeteilt hat, gebe ich ja zu, aber er muß sich doch klar sein, welcher Wert den Äußerungen einer unglücklichen Frau, die in der Ehescheidung steht, bei- zumessen ist. Die Ehescheidung hat auf Antrag des Mannes stattgefunden, und die Frau ist als der schuldige Teil erklärt worden. Ich verstehe es, und es erscheint entschuldbar, wenn die Frau die Empfindungen hat, daß der Ehemann nicht so sexuell beschaffen ist, wie sie sich gedacht hat. Ein Mann kann gewiß für Frauen schwärmen und doch aus ganz bestimmten Gründen und Veranlassungen gegen eine Frau, die seine Ehefrau geworden, Abneigung haben. – Justizrat Bernstein: Es ist wahr, daß die Ehe des Grafen von Moltke geschieden ist auf Antrag des Klägers, weil er behauptet hat, daß seine Ehefrau sich schwerer Beleidigungen gegen ihn schuldig gemacht habe. Ich werde erweisen, was die Wahrheit in dieser Beziehung ist. – Justizrat Dr. v. Gordon: Die Ehe des Grafen Moltke ist im März 1896 geschlossen worden. In den Ehescheidungsakten ist deutlich hervorgehoben, daß bis zum November 1897 ein ehelicher Verkehr stattgefunden hat. Daraus geht schon das Gegenteil