Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 3 (1911).djvu/149

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

schädigen will, der Homosexualität zu beschuldigen. So lange der Paragraph 175 existiert, wird das Verleumder- und Erpressertum, dieses Schmarotzertum der menschlichen Gesellschaft, blühen. Wieviel hochachtbare, in Amt und Würden befindliche Leute durch das Verleumder- und Erpresserpack schon mit ihren Familien in Elend und Tod getrieben wurden, ist auch nicht annähernd zahlenmäßig festzustellen. Die Untaten des Rennfahrers Breuer, der einem hochgeachteten Fabrikbesitzer im Rheinland über eine Viertelmillion abgepreßt hat und das erpreßte Geld in unsinnigster Weise mit der weiblichen Halbwelt verpraßte, der schließlich sein wirtschaftlich ruiniertes Opfer niederschoß, dürften allbekannt sein. Vor einigen Jahren kam Landgerichtsdirektor Haße Vorsitzender der ersten Strafkammer am Landgericht Breslau, aus einer Sitzung, um sich nach Hause zu begeben. Der schon bejahrte Herr führte ein glückliches Familienleben. Sein ältester Sohn war bereits Regierungs-Assessor bei der königlichen Regierung in Breslau. Der zweite Sohn war Gerichts-Referendar. Der Landgerichtsdirektor betrat eine öffentliche Bedürfnisanstalt. Als er letztere verlassen wollte, traten zwei Männer auf ihn zu mit den Worten: „Was haben Sie mit unserem Bruder gemacht“? Der angebliche Bruder war ein 19jähriger, stellungsloser Handlungsgehilfe, das Werkzeug der beiden Leute, der sich in der Bedürfnisanstalt befand, als der Landgerichtsdirektor hineintrat. Dieser junge Mann behauptete kühn: der Landgerichtsdirektor habe ihn unzüchtig berührt und ihm einen unzüchtigen Antrag gemacht. Obwohl der Landgerichtsdirektor eine solche Handlungsweise mit vollster Entschiedenheit als Lüge bezeichnete, verfolgten ihn die drei Männer bis zu seiner Wohnung und drohten Lärm zu schlagen, wenn er nicht sofort eine größere Summe erlege. Um den Skandal im Keime zu ersticken, verstand sich der Landgerichtsdirektor, dem Verlangen der Erpresser zu entsprechen. Wenn solche menschlichen Raubtiere aber erst einmal Blut geleckt, d. h. Erpressungsgeld