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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3

eigentliche Mord im Mittelpunkt, es handelt sich hier nicht darum, die Frage zu entscheiden, ob Ritualmord oder nicht, es handelt sich auch nicht um den oder die Täter, die das Verbrechen an Winter verübt haben. Es handelt sich heute ausschließlich um das Verbrechen des Meineides, dessen die Angeklagten sich schuldig gemacht haben. Was den Mord Winters anbelangt, so ist es heute nur möglich, sich auf die Tatsachen zu stützen, welche für das Verschwinden Winters noch vorhanden sind und auf die Tatsachen, soweit sie sich auf die Auffindung der Leiche beziehen. Winter ist eines gewaltsamen Todes gestorben, das haben die Aussagen und Gutachten der Gerichtsärzte bewiesen. Die erste Annahme ging dahin, daß Winter in den Wohnräumen einer Dirne ums Leben gekommen sei. Dann lenkte sich der Verdacht auf den Fleischermeister Hoffmann. Hier waren indessen die Beweise nicht ausreichend. Darauf richtete sich der Verdacht gegen Lewy. Zehn Tage nach dem Morde erschien Maßloff auf der Polizei, um dort seine Wahrnehmungen zu bekunden. Alle Nachforschungen bei Lewy ergaben aber ein negatives Resultat und absolut nichts Belastendes. Erst am 18. April, also 25 Tage nach dem Morde, erschien Frau Roß und erzählte von den Wahrnehmungen, die ein Knecht gemacht haben wollte. Daraufhin trat das „Nebenuntersuchungs-Komitee“ in Tätigkeit und machte allerlei Anzeigen, die dazu führten, daß die Angeklagten mehrfach eidlich vernommen wurden. Der Erste Staatsanwalt ging alsdann des Näheren auf die bekannten Aussagen Maßloffs und der anderen Angeklagten ein. Er wies dabei auf die verschiedenen Widersprüche hin, die sich zwischen den Aussagen der Angeklagten vom 28. April resp. 2. Mai und denen vom 8. Juni ergaben. Die Geschworenen sollen jetzt nur entscheiden, ob die Anklage berechtigt ist oder nicht. Maßloff hat unbedingt am 2. Mai einen Meineid geschworen. Amtsrichter Pankau hatte ihn eindringlich gewarnt und trotzdem hat Maßloff höchst wichtige Dinge

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/115&oldid=- (Version vom 12.2.2023)