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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

habe fertig bringen können, da er in der Zwischenzeit gar nicht in der Königgrätzer Straße war. Das ist eine Unwahrheit! Durch seine eigene Ehefrau und die Zeugin Raffalski ist nachgewiesen, daß er sich am Sonntag, 15. August, auf dem Spaziergange von ihnen getrennt hat und erst 9 Uhr abends zurückgekehrt ist; die Hausbewohner haben ihn am Sonntag gesehen, als er Gas anzündete, und es steht somit fest, daß er am Sonntag in dem Hause war. Er hat die Zeit am Sonntag benutzt, um die leeren Kisten hinauf zu schaffen und die Leichen hineinzupacken. Der Mangel an Leichengeruch‚ den der Angeklagte ins Feld führt, will gar nichts zu seinen Gunsten beweisen. Nun kommt die Erde. Es ist festgestellt, daß Hinz an der Beschaffung der Erde keinerlei Interesse hatte, vielmehr der Angeklagte diese bestellt und in den Keller hat schaufeln lassen. Am 16. August passierten allerlei interessante Dinge: die Hingabe der geraubten Papiere an Stiller, der gemeinschaftliche Gang nach dem Bankier, auf dessen Frage der Angeklagte behauptete, er habe die Wertpapiere schon lange, und die Äußerung Gönczis an den Bankier, daß er die Papiere nicht verkaufen wolle, sondern sie für einen Bekannten in Brüssel bewahren müsse. Er ahnte wahrscheinlich, daß nach Bekanntwerden der Mordtat der Verbleib der Papiere ermittelt und er bald entdeckt werden konnte, und deshalb hielt er es für ratsamer, die Papiere bei Stiller in Verwahrung zu belassen und sich darauf von diesem ein Darlehn geben zu lassen. Ein solches hat er ja auch am 17. in Höhe von 400 M. erhalten. Dazu kommt am 17. August die charakteristische Szene mit der Zeugin Frank, die aus der Begegnung mit dem Angeklagten und aus der gemeinschaftlichen Besichtigung der Schultzeschen Wohnung sofort das Gefühl erhielt, daß ein Verbrechen begangen sein müsse. Im Laufe des 18. August ist die Sache bei der Polizei anhängig gemacht worden, der Angeklagte hatte Wind davon bekommen, und dies ist der Schlüssel zu seiner Flucht am 18. abends. An diesem Tage ist Gönczi früh 7 Uhr weggegangen und nach

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/86&oldid=- (Version vom 1.8.2018)