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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

die Schultzes seit 5 Jahren. Gönczi habe noch einen Schlüsselbund vorgezeigt und gesagt, er besitze sogar die Schlüssel zu der Schultzeschen Wohnung. Am 14. August, dem Mordtage, sei Gönczi um 10 oder 11 Uhr in seinem Laden gewesen und habe durch das Schaufenster auf die Straße geblickt. Gegen 11 Uhr sei die Klara Schultze von einem Ausgange zurückkehrend über die Straße in das Haus gegangen. Gönczi sei sofort mit dem Bemerken hinausgegangen: er müsse mit dem Fräulein noch etwas wegen des Gases besprechen. Nach zwei Stunden sei dann Gönczi sehr erregt und erhitzt wiedergekommen und habe noch ein Glas Bier getrunken, worauf er in einer Droschke nach Hause gefahren sei. – Vors.: Sie sollen in Feindschaft mit der alten Frau Schultze gelebt haben? – Zeuge: I Jott bewahre. Ich habe bloß einmal Krach mit ihr gehabt, weil ein Faß Bier auf dem Flur ausgelaufen war. – Vors.: Sie sollen sie „alte Hexe“, „olles Weib“ usw. genannt haben? – Zeuge: I Jott bewahre. – Vors.: Am Sonnabend, dem Mordtage, soll Löwy zu Ihnen in den Laden gekommen sein und gesagt haben, Sie sollten drei Glas Bier in das Hinterzimmer des Gönczischen Ladens bringen; die alte und Klara Schultze seien auch da und Sie könnten, da Klara auf einige Minuten nach oben gegangen sei, der Alten ein paar dafür auswischen, daß sie Sie einmal „Mörder“ geschimpft habe. – Zeuge: I Jott bewahre. Det is allens Schwindel; der Mensch lügt sich noch unterm Jalgen durch! – Vors.: Sie sollen dann mit der alten Frau Streit angefangen und sie niedergeschlagen haben. Darauf sei Klara Schultze in das Zimmer getreten und in der Dunkelheit hätten Sie diese für die alte Frau gehalten und nun die Klara auch totgeschlagen. – Zeuge: I Jott bewahre; det is ja jräßlich. Ick weeß doch nischt. Det is allens Schwindel. (Der Zeuge streckte die Hände entrüstet von sich und blickte Gönczi zornig an.) – Vors.: Angeklagter, was haben Sie dazu zu bemerken? – Angekl.: I bitt schön, Herr Präsident, das is alles so wahr als ich hier stehe. Das weiß Gott im Himmel. – Vors. (zum

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/72&oldid=- (Version vom 1.8.2018)