Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/69

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

„Das haben Sie mir ja schon gestern gesagt.“ Hierauf drang Gönczi in sie, sie möchte sich doch einmal die Schultzesche Wohnung ansehen. Nach anfänglicher Weigerung sei sie auf seinen Wunsch eingegangen. Die Wohnung sah aus wie eine Trödelbude. Es sei ihr aufgefallen, daß die Betten auch in Unordnung waren, wie sie doch jemand, der verreist, nicht zurücklasse. Im Berliner Zimmer habe sie die Hüte der Schultzeschenn Damen liegen sehen. Da ihr bekannt war, daß die Damen andere Hüte nicht besaßen, so erschien ihr die ganze Sache höchst verdächtig und unheimlich. Sie habe sich deshalb über ihre Begegnungen mit Gönczi schriftliche Aufzeichnungen gemacht. Noch denselben Abend habe sie die frühere Portierfrau, Frau Murowski, aufgesucht und dieser ihre Bedenken mitgeteilt. Auf ihre Erzählung, Gönczi behaupte, daß er die Frauen Schultze schon seit 5 Jahren kenne, habe Frau Murowski sofort gesagt: Das ist eine grobe Lüge. Auch Frau Murowski war überzeugt, daß ein Verbrechen vorliege. Von der Existenz eines Löwy im Hause habe sie (Zeugin) keine Ahnung. – Vors.: Was sagen Sie dazu, Gönczi? – Angekl.: Wenn das Fräulein sagt, ich kenne Frau Schultze schon seit 5 Jahren, so hat sie falsch verstanden. Ich habe gesagt, ich bin seit 5 Jahren hier und kenne die Frau nicht.

Maurerpolier Habermann bekundete: Er sei am Mordtage gar nicht in der Königgrätzer Straße gewesen. – Staatsanw.: Kennen Sie den Löwy? – Zeuge: Nein. – Staatsanw.: Der Angeklagte behauptet, daß Sie auch um den Mord ganz genau wissen. – Zeuge (entrüstet): Ich? – Gönczi (sehr eifrig): Jawohl! Dieser Mann sollte die Leichen einmauern und auch 10 000 M. erhalten. – Zeuge: Das ist eine ganz gemeine Lüge. – Vors.: Gönczi hat folgendes behauptet: Er habe am 14. August die Gasleitung revidiert und als er sich im ersten Stock befunden, habe er im Keller ein Poltern gehört; er habe dann Habermann gesehen, der ihm zugerufen, er habe sein Handwerkszeug in den Keller getragen. Nach kurzer Zeit habe er gesehen, daß Hinz und Löwy auf zwei

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/69&oldid=- (Version vom 1.8.2018)