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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

allerdings stets von großartigen Plänen, durch die er Unsummen verdienen werde, gesprochen. – Vors.: Haben Sie ihm das geglaubt? – Zeugin: Jawohl. – Vors.: Wenn Sie gewußt hätten, daß seine Pläne nur Flunkerei seien, würden Sie alsdann sein luxuriöses Leben gebilligt haben? – Zeugin: Dann keineswegs. – Es wurde alsdann der türkische Schifferkat-Orden vorgelegt. Es ist das ein Orden mit vielen Brillanten besetzt. Diesen Orden hatte der Angeklagte seiner Frau mitgebracht. – Vors.: Von wem hatten Sie den Orden? – Angekl.: Er ist für meine Frau verliehen worden. – Vors.: Von wem ist er Ihnen verliehen worden? – Angekl.: Von der Pforte. – Vors.: Wer ist die Pforte? – Angekl.: Das türkische Ministerium des Auswärtigen. – Vors.: Bei uns verleiht Orden der Souverän. Vom deutschen Botschafter in Konstantinopel ist festgestellt worden, daß seit März 1906 ein solcher Orden nicht verliehen worden ist. Haben Sie den Orden vielleicht bei einem Juwelier gekauft? – Angekl.: Nein, ich habe den Orden von einem türkischen Großwürdenträger erhalten. – Vors.: Wer war dieser Großwürdenträger? – Angekl.: Ich lehne es ab, den Namen zu nennen. (Große Heiterkeit im Zuschauerraum.) – Fräulein Olga Molitor bekundete auf Befragen des Vorsitzenden: Der Orden sei ihr sehr komisch vorgekommen. Sie habe gesagt: Das seien gar keine Brillanten, sondern nur Kiesel. – Auf Antrag des Verteidigers wurde ein Brief der verstorbenen Gattin des Angeklagten verlesen. In diesem klagte diese ihrer Mutter ihre Not. Sie müsse sich sogar selbst die Wäsche waschen. Sie sei trotzdem mit ihrem Schicksal ganz zufrieden, es wäre eine Grausamkeit, ihr Familienglück stören zu wollen. Ihr Mann habe trotz seiner Jugend eine hervorragende Stellung bei der Universität erlangt.

Geh. Medizinalrat Dr. Naumann (Baden) bekundete: Er sei viele Jahre Hausarzt bei Molitor gewesen. Die ermordete Frau Molitor habe ihm oftmals gesagt, Sie ahnen nicht, wie viel ich nach Amerika schicken muß, mehr, als meine anderen Kinder wissen dürfen. Der Angeklagte habe in der letzten

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/26&oldid=- (Version vom 1.8.2018)