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Der Verfasser spricht zwar nicht in eigenem Namen, sondern legt die Worte den Todten, den bei den Barrikaden Kämpfenden und in Berlin Gebliebenen in den Mund.

Es kann dies aber natürlich ihn nicht von der Verantwortlichkeit befreien, da er es ist, der diese strafbaren Reden verkündigt, und die ganze Haltung des Gedichtes keinen Zweifel übrig läßt, daß er die vorgetragenen Ansichten und Aufforderungen zu den seinigen macht. –

Eben so wenig kann die dichterische Form die Provokation der Verfolgung entziehen, da man nicht behaupten kann, daß sie die verbrecherische Absicht und den verbrecherischen Erfolg ausschließen.

Ich stelle daher ein Exemplar dieses Gedichtes dem Herrn J. R. Landgerichtsrath Merrem mit dem Antrage zu, wider den Verfasser F. Freiligrath auf den Grund des Art. 102, 222 und 367 des St.-G.-B. die Untersuchung einzuleiten, ihn mittels Vorführungsbefehl zu constituiren und denselben in einem Verwahrungsbefehl zu verwandeln, die in der Franck’schen Druckerei oder in der Wohnung des Beschuldigten noch vor¬handenen Eremplare mit Beschlag zu belegen.

Daß Freiligrath wirklich der Verfasser ist, wird er nicht läugnen, event. durch Beschlagnahme des Manuscrip’s an beiden angegebenen Orten erwiesen werden. Er hat aber in der Versammlung des Volksklub’s am 1. August in Gegenwart von wenigstens 100 Personen in dem Wirthshause bei Stübben am Bahnhofe das Gedicht als das seinige vorgelesen und bekannt gemacht, daß er den Reinertrag des Verkaufs der Kassa dieses Klubs zuwende. Zeugen dieses Hergangs sind zunächst die Vorstands-Mitglieder dieses Klubs, Rockmann und Kaulen, doch werden auch noch viele andere Zeugen leicht ermittelt werden können. Düsseldorf, den 4. August 1848.

(gez.) Schnaase.

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Stenographischer Bericht des Processes gegen den Dichter Ferdinand Freiligrath. Düsseldorf 1848, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiligrath-Prozess.djvu/27&oldid=- (Version vom 18.8.2016)