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und zwar in Stellungen, nach welchen sie diesen im Range vollkommen gleich gehalten worden sein müssen. Bei Prag, seit 1344 Erzbischof, ist das nicht so genau zu verfolgen. Auch wenn wir den Bischof von Leutomischl häufig an der Spitze der Bischöfe finden, liesse sich das aus seinem Vorzuge als Reichskanzler erklären; aber auch Olmütz steht nicht allein häufig einzelnen Bischöfen vor[1], sondern 1361 finden wir ihm nur Leutomischl und Bamberg vorgestellt, während Freising, Lebus, Augsburg, Strassburg, Speier, Schwerin und Worms ihm folgen[2]; 1363 stehen Leutomischl und Olmütz vor fünf deutschen Bischöfen; ebenso eröffnet Breslau 1355 eine Reihe von sechs Bischöfen.[3] Ob das blosse Willkür war oder aber sich staatsrechtliche Anschauungen finden, welche diese Gleichstellung rechtfertigen, werden wir später erörtern. Für Reichsfürsten haben die böhmischen Fürstbischöfe unzweifelhaft auch später niemals gegolten; sie fehlen sogar, abgesehen von einem Anschlage Breslaus im J. 1471[4], in den Reichsmatrikeln.

Von besonderer Wichtigkeit ist die Stellung der jüngeren Salzburger 209 Suffragane, der Bischöfe von Gurk, Chiemsee, Seckau und Lavant, da sie unzweifelhaft zum deutschen Königreiche gehörten und wir dennoch einen von ihnen sehr bestimmt von den Reichsfürsten geschieden fanden.

Ueber ihre Investiturverhältnisse sind wir sehr genau unterrichtet. Schon in der Urkunde, durch welche der Papst 1070 dem Erzbischofe von Salzburg die Erlaubniss ertheilt, in seinem weitausgedehnten Sprengel ein Bisthum zu errichten, heisst es: ita tamen, ut episcopatus ille ecclesie tue tibique vel tuis successoribus nunquam subtrahatur et nullus ibi episcopus quandoque sive per investituram, ut dici assolet, vel quocunque pacto inibi constituatur, nisi quem tu vel tui successores prompta voluntate elegerint, ordinaverint et consecraverint; und dieselbe Bestimmung findet sich in der königlichen Bestätigung über die Stiftung des Bisthums Gurk im J. 1072.[5] Dieses Recht scheint dem Erzbischofe auch unbestritten geblieben zu sein, bis während der Wirren des Schisma Papst Alexander III. die Wahl dem Kapitel von Gurk zugestand, welches in Folge dessen 1174 den Bischof Roman wählte. Schon vor seinem Tode im J. 1179 wurde dem Erzbischofe vom Papste das Ernennungsrecht wieder bestätigt[6]; als jener aber kurz darauf starb, wählte das Kapitel den Hermann von Ortenburg, während der Erzbischof den Probst von Gurk ernannte. Es entstand nun ein langer Streit; Schiedsrichter erkannten schon 1180 das Recht des Erzbischofs an, welches auch von den Päpsten mehrfach bestätigt wurde[7]; dennoch setzte das Kapitel seinen Widerstand fort und Papst Innocenz schlichtete

  1. z.B. Glafei 19. 24. 26. 204. 386.
  2. Lacombl. 3, n. 613. 615.
  3. M. Zoll. 4, 4. Or. Guelf. 4, pr. 24.
  4. Moser 35, 193.
  5. Juvavia 1, 257. 258. Vgl. die Urkunden Ankershofen n. 152. 153., welche nicht unverdächtig sein dürften.
  6. Hansiz G. S. 2, 299. Ankershofen n. 478.
  7. Hansiz G. S. 2, 301. 304. Ankershofen n. 484. Juvavia 258. T. 251.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_313.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)