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Beziehungen beider Bisthümer zu einander wird im Reichsgerichte entschieden; die Bischöfe erscheinen häufig auf den Reichshoftagen; manche üben tiefgreifenden Einfluss auf die Reichsregierung, so Gebhard als Reichskanzler unter K. Heinrich IV., Daniel als Reichsbote unter K. Friedrich I. In der Zeugenreihe treten sie allerdings nioht selten hinter alle deutschen Bischöfe zurück und es wäre möglich, dass die Nationalität ihrer Sprengel dafür massgebend gewesen wäre; dann würde es nur um so mehr ins Gewicht fallen, wenn wir sie doch auch nicht selten vor deutschen Fürstbischöfen finden; so Olmütz 1146 vor Bamberg, 1147 vor Brixen[1]; Prag 1158 vor Passau, 1160 vor fünf deutschen Bischöfen, nur Bamberg nachgestellt, 1165 vor Meissen und Merseburg, 1192 vor Naumburg und Meissen[2]; 1194 tritt Heinrich von Prag als dux et episcopus Boemorum allen deutschen Bischöfen vor, steht nur den Erzbischöfen nach.[3] Wir würden unzweifelhaft die Bischöfe als Reichsfürsten zu betrachten haben, wäre auch nicht in den Nachrichten über die Vorgänge 1187 und 1197 so ausdrücklich darauf hingewiesen.

Das Vorgehen des Herzogs im J. 1197 war demnach unzweifelhaft ein ungesetzliches, die Rechte des Reichs schwer beeinträchtigendes; aber der heillose Streit der Gegenkönige liess die Anmassung zum Rechte werden. Das war höchst wahrscheinlich schon 1198 der Fall, als Ottokar von K. Philipp die Königskrone erhielt; denn in dem Freiheitsbriefe K. Friedrichs vom J. 1212, in welchem es bestimmt heisst: jus quoque et auctoritatem investiendi episcopos regni sui integraliter sibi et heredibue suis concedimus, ita tamen, quod ipsi ea gaudeant libertate et securitate, quam a nostris praedecessoribus habere consueverunt, bezieht sich derselbe im allgemeinen auf ein früheres Privileg K. Philipps.[4] Später wurden die Bisthümer denn auch immer als böhmische Kronlehen betrachtet; so sagt 1348 K. Karl: Sane cum insignes et magnifici principatus videlicet episcopatus Olomucensis, marchionatus Moraviae et ducatus Oppaviae longo iam et antiquo temporis tractu a clarae memoriae illustribus olim regibus et ducibus Boemiae – et a corona ac dominio regni praefati in feudum semper habiti fuerint et possessi et venerabiles Olomucensis ecclesiae antistites – olim Boemiae regibus et ducibus – in susceptione feudorum et in aliis, quae ad vasallatus spectant obsequia veluti dominis suis ordinariis et naturalibus debitam semper exhibuerint reverentiam et honorem, auch früher dem K. Ottokar vom Kaiser das Recht gegeben sei investiendi ac infeudandi episcopos regni Boemiae, so sollten die genannten Fürstenthümer auch künftig immer von der Krone Böhmen zu Lehen genommen werden.[5]

Fragen wir nun, ob die Bischöfe, seit sie böhmische Vasallen waren, vielleicht dennoch als Reichsfürsten galten, so wird das zunächst höchst

  1. Meiller 32. 33.
  2. Meiller 41. Ughelli 5, 151. Erben n. 312. M. G. 4, 195. Schöttgen et Kr. 2, 171.
  3. M. B. 29, 479. 31, 452.
  4. Erben n. 531.
  5. Lünig 6b, 249.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_311.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)