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erklären aus einem in der ersten Periode noch beobachteten Festhalten an den Satzungen des Reichslehnrechts, welches die Theilung der Fürstenthümer nicht gestattete, so werden wir uns doch leicht überzeugen, dass das ausschlaggebende Moment vorzugsweise in thatsächlichen Verhältnissen, in dem geringeren oder grösseren Bedürfniss nach Ausstattung jüngerer Söhne zu suchen sei. Theilen wir nämlich die Fälle der Erledigung eines Fürstenthums in I: Fälle, wo kein Sohn da ist, wohin wir die entsprechende Erledigung Schwabens im J. 1235 ziehen; II: Fälle, wo nur ein Sohn weltlichen Standes da ist; III: Fälle, wo von mehreren Söhnen jeder ein Fürstenthum erhält; IV: Fälle, wo mehr Söhne, als Fürstenthümer da sind: so stellen sie sich für den Zeitraum von 1180 bis 1250 in folgender Weise:

I. II. III. IV.
Rheinpfalz 1195. 1214. 1211.
Baiern 1183. 1240. 
Oesterreich 1198. 1246. 1230.    1194.   
Steier 1192.
Kärnthen 1201. 1181.
Meran 1248. 1234. 1204
Schwaben 1191. 96. 1208. 35.
Welf 1191.
Zähringen 1218. 1186.
Pfalzburgund 1200.
Sachsen    1212.   
Anhalt
Thüringen 1190. 1247. 1228. 1216.
Lausitz 1185. 1210. 1190.
Meissen 1195. 1222. 1190.
Brandenburg 1205. 1184. 1220.
Braunschweig (1218) (1227) (1213) (1195)

Während demnach in siebenzig Jahren bei 33 Erledigungen sich die Frage gar nicht aufwerfen konnte, welche Stellung die jüngern Söhne zum Fürstenthume einzunehmen hätten, finden wir in derselben Zeit nur acht Erledigungen, wo das der Fall war, und davon gehören sogar nur drei der ganzen ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts an.

Prüfen wir nun diese Fälle mit Rücksicht auf unsere Frage, so erscheint in Kärnthen nach 1181 der jüngere Bernhard, so weit ich sehe, nur als Bruder des Herzogs[1], bis er 1201 selbst Herzog wird. Mit Oesterreich und Steier, mit welchen Kärnthen später bezüglich dieser Verhältnisse eine besondere Gruppe bildet, war das also auch für die ältere Zeit insoweit der Fall, als die jüngern Söhne hier nicht

  1. Oestr. Archiv. 12, 81. 84.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_276.jpg&oldid=- (Version vom 19.1.2017)