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des Vaters oder dem nächstältesten Sohne gegeben wurde; wie es aber immer nur einen König von Böhmen gab, so auch nur einen Markgrafen von Mähren; die Markgrafen Przemysl seit 1226 und Przemysl Ottokar seit 1237 führen den Titel erst seit dem Tode ihrer älteren Brüder. Der Erbgang gestaltete sich denn auch so entsprechend, dass erst unter dem luxemburgischen Hause Böhmen und Mähren zur Betheiligung aller Brüder nicht genügten; doch konnte hier K. Karls Bruder Wenzel mit Luxemburg, sein Sohn Sigismund mit Brandenburg abgefunden werden. Doch war auch damit das Bedürfniss nicht gedeckt. Johann von Mähren hatte drei Söhne und bestimmte 1371 ausdrücklich in seinem Testamente: quia a dominis praedecessoribus nostris hoc hactenus exstitit tentum seu etiam observatum, quod senior existens in ordine geniturae alios in adeptione principatuum praecellebat, sicut et serenissimus princeps et dominus dominus Carolus Romanorum imperator semper augustus et Boemiae rex germanus noster legitimus ratione primogeniturae coronam regni Boemiae est adeptus, nobisque tanquam secundogenito et juniori marchionatum Moraviae in insigne et nobile feodum contulit – sic igitur – nos illustrem Jodocum primogenitum filium nostrum, haeredes et prohaeredes suos masculini duntaxat sexus in supremum dominum et marchionem ac marchiones, principem seu principes terrae Moraviae decernimus, statuimus et ordinamus; dagegen werden die jüngern Söhne Johann und Prokop auf genannte Besitzungen abgetheilt, welche theils zum Bestande der Markgrafschaft gehören, theils vom Vater erworben sind, und zwar mit der ausdrücklichen Bestimmung, dass sie dieselben nur als Vasallen des Markgrafen besitzen sollen; in den genauern Bestimmungen über das gegenseitige Erbrecht der Linien heisst es dann, dass beim Mangel männlicher Erben in beiden jüngern Linien ihre Antheile an die Markgrafschaft zurückfallen, beim Abgange des ganzen Mannsstammes aber die Markgrafschaft selbst an die Krone Böhmen[1], wie das auch 1355 bei der Verleihung Mährens an Johann ausdrücklich bestimmt war.[2] Trotz der Mehrzahl der Söhne finden wir demnach die Untheilbarkeit des Fürstenthums noch aufs bestimmteste gewahrt, wenn auch dem Titel nach nun zwei Markgrafen von Mähren auftreten; der zweite Sohn, Johann, wurde geistlich; aber neben dem eigentlichen Markgrafen Jobst wurde auch Prokop als Markgraf von Mähren und hochgeborner Fürst bezeichnet.[3] Entsprechend war die Stellang Johanns, des drittgebornen Sohnes K. Karls; er wurde mit einem Theile der Lausitz, insbesondere dem Lande Görlitz, unzweifelhaft unter böhmischer Lehnshoheit, abgefunden, so dass dadurch die Untheilbarkeit der beiden Fürstenthümer nicht berührt und, da er sich Herzog von Görlitz nannte, auch die Zahl derjenigen, welche von ihnen den Titel führten, nicht vermehrt

  1. Notizenbl. 1, 195.
  2. Lünig 6b, 251.
  3. z. B. Pelzel Wencesl. 2, 104. Vgl. Karl 2, 894.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_274.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2016)