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den Vorrang geltend gemacht; 1124 stritten die Bischöfe Stephan von Metz und Heinrich von Verdun, wem die Konsekration des Metropoliten zustehe: Stephano pretendente sedis suae principatum, Heinrico autem ordinationis suae prioratum.[1]

Ob der hier gegen den persönlichen Anspruch des Bischofs von Verdun geltend gemachte Vorzug des Stuhles von Metz sich etwa auf das angebliche höhere Alter des Bisthums bezog, ist nicht bestimmt gesagt; ausdrücklich wird das als Grund für einen Vorrang geltend gemacht bei dem Streite über die Krönung K. Otto’s I. 936 zwischen Trier und Köln; es gründet sich der Anspruch jenes darauf: quia antiquior sedes esset et tamquam a beato Petro apostolo fundata; istius vero, quia ad eius diocesim pertineret locus.[2] Ebenso bestimmt 1228 der Erzbischof von Salzburg, dass der Bischof von Gurk und die neuern Suffragane auf seiner rechten Seite secundum cuiuslibet episcopatus aetatem in suo ordine sitzen sollen.[3] Noch bei den späteren Rangstreitigkeiten nahm Osnabrück den Vorrang vor Münster in Anspruch ex prioritate fundationis.[4] Ob dieses Moment bei Anordnung der Zeugen sich häufiger geltend gemacht habe, dürfte schwer zu entscheiden sein, da man wissen müsste, welche Ansicht die Reichskanzlei über das Alter der einzelnen Bisthümer hatte. Wirksam möchte ich es mir denken auf dem Tage zu Köln 1138 für den Vorzug des ältern Lüttich vor Utrecht und wieder dieser beiden fränkischen Bisthümer vor den neuern sächsischen Münster und Osnabrück; denn diese Stellung scheint sich in einer grossen Anzahl von Urkunden als hergebrachte der Kölner Suffragane zu erproben.

Für den kirchlichen Vorrang einzelner Suffragane, wie er sich im Sitze auf der Synode und ähnlichem zeigt, mag das Alter des Stifts oft ausschlaggebend gewesen sein; durchgreifend war das aber auch da nicht der Fall. So schreibt der Papst 1201: nam licet Herbipolensis (ecclesia) sit in temporalibus habundantior, Hildesheimensis tamen in spiritualibus nobilior perhibetur[5] legt also dem jüngeren Hildesheim einen kirchlichen Vorzug vor dem älteren Würzburg bei. Und einen solchen scheint es wirklich genossen zu haben. Unter allen Mainzer Suffraganen nahm Eichstädt kirchlich den ersten Rang ein, und zwar führte man das auf eine ausdrückliche Bestimmung des h. Bonifazius zurück, nicht etwa auf das nicht zutreffende höhere Alter; 1243 wurde ihm dieser bestritten, und zwar waren Hildesheim, Paderborn und Worms diejenigen, welche jeder für sich den ersten Rang in Anspruch nahmen[6] und demnach wohl Gründe hatten, wenigstens einen Vorrang vor den übrigen Suffraganen zu beanspruchen; und doch gehörten Hildesheim und Paderborn zu den jüngsten Bisthümern. Solche Bestimmungen über den Rang der Suffragane bestanden wohl in allen

  1. Gesta Trevir. M. G. 10, 201.
  2. Widukind l. 2. c. 1.
  3. Dipl. Stir. 1, 204.
  4. Moser 35, 543.
  5. Schannat vind. 1, 187.
  6. Guden 1, 576. Vgl. 3, 183. 4. 4.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_202.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)