Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 176.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Genf [1], als honorabiles bezeichnet, während im dreizehnten Jahrhunderte das Prädikat geistlichen Fürsten nicht mehr gegeben wird; venerabilis ist, wie jede Urkundensammlung zeigt, jetzt feststehendes Prädikat der geistlichen Fürsten. Dass der Bischof von Eichstedt 1237 honorabilis princeps imperii heisst, der König 1273 honorabili abbatissae de Hohemburg principi suae dilectae schreibt, 1298 den Fürstabt von Korvei mit seinem Konvente als honorabiles viros zusammenfasst [2], sind vereinzelte Unregelmässigkeiten der Reichskanzlei; selbst[WS 1] in nichtköniglichen Urkunden treffen wir nur selten Ausnahmen von dieser Regel. [3]

Andererseits ist nicht zu läugnen, dass wir nicht selten auch in Kaiserurkunden Personen als venerabiles bezeichnet finden, welchen wir nach allen andern Kennzeichen den Fürstenstand nicht zugestehen dürfen; so z.B. dem kaiserlichen Protonotar [4], dem Abte von Rott, Göttweih, Lambach, Aldersbach [5], Egmond [6], der Aebtissin von Göss [7], dem Probste von Steingaden [8]; und ungleich häufiger noch ist das in andern Urkunden der Fall. Es dürfte sich daher der Zweifel erheben, ob diese Prädikate denn überhaupt in bestimmter Beziehung zum Fürstenstande stehen, ob sie nicht wenigstens für Prälaten ganz willkürlich gebraucht wurden.

Jenes ergibt sich aber doch mit Bestimmtheit aus den verhältnissmässig seltenen Fällen, wo in ein und derselben Urkunde die geistlichen Zeugen nach jenen Prädikaten geschieden werden. So sind in Urkunden K. Rudolfs von 1279 nebeneinandergestellt als venerabiles der Erzbischof von Salzburg und die Bischöfe von Chiemsee und Gurk, als honorabiles der Reichskanzler, der Abt von Admont und der Reichsprotonotar [9]; 1309 werden die mit dem Abte von Fulda schliessenden venerabiles ausdrücklich als principes nostri geschieden von dem honorabilis ac religiosus vir H. abbas Villariensis aulae nostrae cancellarius. [10] Am bestimmtesten zeigt sich der scharfe Unterschied in einigen Stellen, wo ausnahmsweise die Prälaten weltlichen Zeugen nachgestellt sind; in Urkunde von 1280 erscheinen als venerabiles die Bischöfe von Basel, Trient und Chiemsee; es folgen zunächst als illustres die Herzoge von Baiern und Sachsen, dann erst als honorabiles der Hofkanzler und der Probst von Freising, schliesslich als spectabiles die Grafen. [11] Noch auffallender 1273: Venerabiles W. archiep. Moguntinus, F. Spirensis episcopus, U. electus S. Galli, A. abbas Wissemburgensis; L. comes palatinus Rheni dux Bavariae et A. Saxoniae dux dilecti principes nostri ac nobiles viri L. comes de Oettingen – – S. comes de Geminoponte, honorabiles viri W. praepositus Spirensis, O.

praepositus S. Widonis Spirensis regalis aulae cancellarius et G. de

  1. Dipl. Stir. 1, 139. Muratori ant 6, 57.
  2. M. G. 4, 324. Hugo 2, 258. Lacombl. 2, n. 996.
  3. z.B. 1286 Paderborn: Falke 680. 1296 Kempten: Hund 3, 184. 185.
  4. 1229: Herrgott 2, 236.
  5. 1226. 37: Hund 3, 272. Huillard 5, 3. 4. 5.
  6. 1248: Mieris 1, 253.
  7. 1297: Dipl. Stir. 1, 26.
  8. 1220. 63: Hund: 3, 363. 364.
  9. M. Zoll 2, 111. 114.
  10. Lünig 18, 855.
  11. M. Zoll. 2, 119.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: selbt
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_176.jpg&oldid=- (Version vom 25.8.2018)