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de Bavaria, comes de Wincenburch in Saxonia, praefectus urbis Moguntiae, praefectus urbis Herbipolis, praefectus urbis Bavemberch et alii multi comites, honorati et nobiles.[1] Danach ist doch kaum zu bezweifeln, dass Burggrafen an und für sich andern Grafen vollkommen gleichstehen und wie diese zu den Fürsten zu zählen sind; und gilt das insbesondere auch von denen von Würzburg, Bamberg, Magdeburg, welche doch nach den früher angeführten Stellen auch wieder nicht zu den Fürsten gezählt wurden, so stossen wir abermals auf einen Widerspruch, welcher das Gewicht jener Stellen sehr verringern, sie den zahlreichen anderen Beweisen für den Fürstenstand gegenüber als Unregelmässigkeiten erscheinen lassen dürfte.

Fanden wir Grund zu der Annahme, dass nur die dem Reiche 57 anmittelbar unterstehenden Aebte zu den Reichsfürsten gezählt wurden, so liegt es nahe, an ein entsprechendes Verhältniss bei den Grafen zu denken und nur die Reichsgrafen zu den Fürsten zu zählen, insofern wir darunter nur diejenigen verstehen, welche mit ihrer Grafschaft unmittelbar vom Reiche belehnt waren. Diese Ansicht ist mehrfach ausgesprochen und sie erscheint um so beachtenswerther, als sich ergeben wird, dass der neuere Reichsfürstenstand wesentlich durch das Lehnsverhältniss bedingt war. Eine Prüfung dieser Ansicht würde vor allem voraussetzen, dass uns die Lehnsverhältnisse der einzelnen Grafschaften im zwölften Jahrhunderte genauer bekannt wären. Diese Aufgabe wird aber weder als genügend gelöst betrachtet werden können, noch würde es beim Mangel von Lehnbriefen und ähnlichen Hülfsmitteln gerade aus dieser Zeit möglich sein, sie in Kürze zu lösen. Hier von verhältnissmässig untergeordnetem Gewichte, werden wir uns später in anderm Zusammenhange sehr eingehend mit ihr zu beschäftigen haben und es dürfte hier um so mehr genügen, vorgreifend auf das Resultat jener spätern Erörterungen hinzuweisen, als die oben aufgestellte Ansicht sich im allgemeinen unzweifelhaft als nicht stichhaltig erweist.

Es wird sich nämlich ergeben, dass allerdings manche Grafen im zwölften Jahrhunderte ihre Grafschaft unmittelbar vom Reiche hatten; dass aber ihre Zahl eine verhältnissmässig zu geringe war, um den Gebrauch, die Grafen im allgemeinen den Fürsten zuzuzählen, zu rechtfertigen, wenn strenggenommen nur sie dem Fürstenstande angehört hätten. Der ungleich gewöhnlichere Fall war vielmehr der, dass die Grafschaft vom Reiche einem geistlichen oder weltlichen Fürsten geliehen war, von diesem dann dem Grafen.

Und von den einzelnen Grafen, welche urkundlich als Principes von den Nobiles geschieden werden, gehört unzweifelhaft die Mehrzahl zu jenen letztern. So war die Grafschaft Saarbrück Lehn vom Bischofe von Metz, Loos von Lüttich, Hochstaden von Köln, Zütphen von

  1. C. Wibald ep. 320.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_111.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)