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den Titel Princeps schlechtweg gaben. Entscheidend für die Feststellung des Gebrauchs war es dann wohl, dass die Reichskanzlei ihn aufnahm; und konnte dort die Beziehung noch zweifelhaft sein, so wird sie nun unzweifelhaft dadurch, dass in den Kaiserurkunden der einzelne Grosse nicht als Princeps schlechtweg, sondern als Princeps noster bezeichnet wird. Aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts weiss ich dafür nur ganz vereinzelte Beispiele beizubringen; K. Lothar schreibt 1136 dem Erzbischofe von Arles: tibi tanquam fideli et principi nostro mandando precipimus; K. Konrad III. nennt in einem Briefe: honorandum principem imperii nostri Rogerium illustrem comitem de Adriano.[1] Durchgedrungen ist der Gebrauch erst in der Kanzlei K. Friedrichs I., welcher 1153 den Erzbischof von Köln, 1154 den Bischof von Genf, von Verona, 1155 von Novara, 1160 den Erzbischof von Salzburg, von Magdeburg, von Ravenna, 1161 den Bischof von Grenoble, 1162 den Erzbischof von Lyon als Principem nostrum bezeichnet.[2] Von weltlichen Fürsten heisst 1157 in Kaiserurkunde der Rheinpfalzgraf nobilissimus princeps noster; 1162 finden wir dann die Bezeichnung auch für den Grafen von Provence, den Markgrafen von Meissen, 1164 für den Grafen von Prato, 1165 für den Herzog von Böhmen[3]; von Aebten finde ich sie zuerst 1167 für Stablo, 1170 für Fulda gebraucht.[4] Später wird es fast Ausnahme, wenn bei Erwähnung einzelner Reichsfürsten in Kaiserurkunden der Titel nicht hinzugefügt wird.

Durch den Princeps noster, welchem das vereinzelte Princeps 30 imperii nostri oder der urkundlich wohl kaum vorkommende Ausdruck Princeps imperatoris[5] gleichsteht, war der ungenaue Ausdruck Princeps imperii für den einzelnen Reichsfürsten vorbereitet. Er findet sich denn auch erst später; selbst der Ausdruck Principes imperii findet sich vor den Zeiten K. Friedrichs I. kaum, es ist durchweg von den Principes regni die Rede. Heisst in dem österreichischen Freiheitsbriefe von 1058 der Markgraf Ernst sacri Romani imperii princeps, ist in dem grössern Freiheitsbriefe von 1156 davon die Rede, der Herzog sei zur Heerfahrt nach Ungarn verpflichtet, ut princeps imperii dinoscatur[6], so darf man diese Ausdrücke unbedenklich in die Reihe der Gründe für die Unechtheit dieser Stücke verweisen; in dem echten kleineren Freiheitsbriefe ist dagegen von einem Princeps überhaupt nicht die Rede. Das erstemal finde ich den Ausdruck in einer, sehr wahrscheinlich in der päpstlichen Kanzlei aufgesetzten Formel, zum Frieden

von Venedig 1177 gehörig: Ego N., qui sum princeps imperii Romani,

  1. M. G. 4, 83. Ott. Frising. gesta l. l. c. 24.
  2. M. G. 4, 94. Guichenon 239. Ughelli 5, 796. M. Patr. 1, 804. M. G. 4, 128. Schöttgen et Kr. 2, 426. Ughelli 2, 372. Perard 240. Mem. de la Suisse Rom. 7a, 18.
  3. M. B. 31, 410. Martene coll. 1, 860. Bünau Fr. 426. Savioli 1, 274. Lünig c. d. It. 1, 1058.
  4. Bouquet scr. 16, 695. Guden 3, 1068.
  5. Vgl. Cron. Altinate. Arch. stor. 8, 182
  6. Oestr. Archiv. 8, 182.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_081.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)