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[1] Aber wie auch der Ausdruck Principes, welcher doch so häufig die Bischöfe ausdrücklich umfasst, hie und da nur auf Laienfürsten bezogen wird z. B. 1108: ex iudicio tam episcoporum quam principum nostrorum[2], ebenso erweist sich auch hier der Gebrauch nicht durchgreifend; 956 heisst es ausdrücklich: consilio praenominatorum (sc. archiepiscopi et ducis) optimatum nostrorum; 1053 werden als provinciarum illarum optimates der Bischof von Augsburg und weltliche Grosse zusammengefasst[3]; und mehrfach wird der Ausdruck ganz in derselben Weise, wie die Principes regni, ohne eine ersichtliche Beziehung auf diese oder jene Klasse der Reichsgrossen gebraucht.[4]

Heisst es im Ordo coronationis: Optimatibus quoque atque praecelsis proceribus ac fidelibus sui regni sit munificus![5] und schreibt K. Otto, obwohl der Ausdruck mir sonst seit den Zeiten K. Lothars in den Kaiserurkunden nicht mehr aufgefallen ist, noch 1198, er sei gewählt ab optimatibus et principibus imperii[6], so wird man daraus doch schwerlich auf eine höhere Stellung der Optimates schliessen, insbesondere auch nicht etwa besonders berechtigte Wahlfürsten in ihnen sehen dürfen, so wenig als in den Primates der Stelle Otto's von Freising über die Wahl K. Friedrichs I.[7] Denn abgesehen etwa von dem, was wir über den spätern besondern Gebrauch des Wortes Proceres anführten, bieten sich uns keine Anhaltspunkte für die Annahme dar, es seien diesen verschiedenen Ausdrücken staatsrechtliche Unterschiede unterzulegen; sie scheinen vielmehr in den Urkunden, wie bei den Schriftstellern, durchweg willkürlich und gleichbedeutend zur Bezeichnung der Reichsgrossen angewandt worden zu sein. So heisst es 920 in Urkunde K. Karls von Westfranken: convocavimus archiepiscopos – nonnullos etiam proceres, marchiones et comites optimatesque; 1025 in einem Vergleiche zwischen der Königin Kunigunde und dem Bischofe von Freisingen: consilio gloriosi ducis Baioariorum – cunctorumque procerum et optimatum comitumque Baioariae provinciae ac iudicum – consilio ducis H. ac optimatum suorum; 1027: Imperator – cum consilio optimatum suorum tam Francorum, quam provinciae ipsius (Bawariae) principum; 1114 sagt der Kaiser iudicio primatum nostrorum, und in derselben Urkunde: iudicio optimatum ac fidelium nostrorum.[8] Ziehen wir noch einige oben angeführte Stellen hinzu, so ergibt sich ein Schwanken der Ausdrücke sogar in ein und derselben Urkunde, welches ganz unerklärlich sein würde, wenn dieselben nicht völlig gleichbedeutend wären. Erst im zwölften Jahrhunderte scheint in der Kanzlei sich der Gebrauch

festgestellt zu haben, die höchststehenden Reichsgrossen immer mit dem

  1. Lacombl. 1, n. 304. 313.
  2. Wenk 3, 64.
  3. Guden 2, 3. Schultes hist. Schr. 346.
  4. 837. 966. 1055. 1088: Ried 1, 33. Tolner 18. Miraeus 4, 184. C. d. Mor. 1, 173.
  5. M. G. 4, 78. 388.
  6. M. G. 4, 204.
  7. Vgl. z. B. Walter R. G. § 243. n. 5.
  8. M. G. 3, 566. Meichelbeck, 1, 219. 222. Herrgott 2, 135.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_077.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)