Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 074.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Denselben Gebrauch finden wir in älterer Zeit auch in der Reichskanzlei; es erscheinen in den Kaiserurkunden mehrere anscheinend ganz gleichbedeutende und willkürlich benutzte Ausdrücke, wie wir das oben für einzelne Reichsländer bereits nachwiesen. Da sie zum Theil später in einer den Principes untergeordneten Bedeutung erscheinen, werden wir die Art ihres Vorkommens näher anzugeben haben.

Der Ausdruck Proceres war geeigneter, als Principes, um die Grossen des Reichs zu bezeichnen, da er für den Herrscher selbst nicht gebraucht wurde. Er erscheint schon früher in den Kaiserurkunden und war insbesondere im neunten Jahrhunderte der gebräuchlichste Ausdruck, wenn die Grossen vor den Getreuen überhaupt hervorgehoben werden sollten. K. Pipin urkundet 752: una cum proceribus nostris vel fidelibus; K. Karl 788: in praesentia procerum nostrorum[1]; im neunten Jahrhunderte häufig, mehrfach auch noch im zehnten finden wir dann proceres nostri in denselben Verbindungen gebraucht, wie später principes nostri.[2] Das Vorkommen in einigen Fällen konnte allerdings darauf schliessen lassen, als habe man den Ausdruck in beschränkterem und untergeordnetem Sinne gebraucht, insbesondere die Bischöfe von den Proceres unterschieden; so 916 und gleichlautend 948: in conventu totius regni tam episcoporum, quam comitum et procerum ac iudicum diversarum potestatum; 929: episcoporum procerumque et comitum petitione; 947: episcopi et proceres palatini.[3] Aus späteren Stellen ergibt sich aber bestimmt, dass der Ausdruck auch die höchststehenden geistlichen und weltlichen Grossen ebenso umfasste, wie der Ausdruck Principes. So heisst es in Kaiserurkunden 903: intercessione fidelium nostrorum D. archiepiscopi, Z. episcopi, T. ep., L. illustris comitis et cari propinqui nostri, S. etiam, C. J. et M. comitum cum reliquorum conspectui nostro assistencium procerum communi omnium consilio;[4] bestimmter werden 912 der Bischof von Konstanz und einige andere Grosse als Proceres bezeichnet[5], weiter 945: proceres nostri, scilicet Moguntiacensis episcopus F. et frater noster H. simulque comes H.; 966: cum communi consilio procerum nostrorum episcoporum videlicet W. Moguntiensis ecclesiae archiepiscopi, Th. Treverensis u. s. w. – reliquorumque primatum nostrorum abbatum, ducum, comitum; 1029 und gleichlautend 1057: tam venerabilium episcoporum, quam reliquorum conspectui nostro assistencium procerum[6]. Noch 1130 wird der Ausdruck ganz gleichbedeutend in einer Urkunde des

Bischofs von Konstanz gebraucht: cum rex Lotharius multique procerum

  1. Or. Guelf. 1, 97. M. B. 31, 17.
  2. 858-898: C. d. Lauresh. 1, 66. M. B. 11, 119. 126. 31, 98. 153. Gerbert N. S. 3, 7. Juvavia 101. Guden 1, 344. Miraeus 1, 650. Wirtemb. UB. 1, 186. Dronke c. d. 289. 901. 903: M. B. 31, 163. 28, 135. 910: Quix 7. 953: Mohr c. d. 1, 73.
  3. Hontheim 1, 263. 283. 282. Heinecc. A. G. 13.
  4. Meichelbeck 1, 151.
  5. Mohr c. d. 1, 57.
  6. Miraeus 1, 259. Quix 10. M. B. 29, 25. 136.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_074.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)