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IV. Wermund. 145

 in der Niederkämpfung der noch zu überwindenden Gegner suchten. (2.) Es gäbe zweitens eine Klasse von Kämpfern, die, sich stützend auf körperliche und geistige Kraft, aber ohne eine Spur von Erbarmen in gleich grausamem Gemetzel gegen kämpfende und gegen fliehende Feinde wüteten; das seien die, welche, hingerissen von jugendlichem Kampfeseifer, ihr erstes Auftreten als Neulinge mit schönen Kampfesthaten zu schmücken sich bestrebten, die die Leidenschaftlichkeit ihres Alters und gleiche Begierde nach Ruhm anfeuere und zu Recht und Unrecht in gleich sicherem Streben treibe. (3.) Es gäbe ferner eine dritte Klasse, die, weil sie zwischen Furcht und Schamgefühl hin und her schwankten, die Angst nicht zu einem Vorstoss kommen, das Ehrgefühl aber auch nicht zurückweichen lasse, die allein durch ihre Abkunft leuchtend und durch wesenlose hohe Statur bemerkbar, für das Heer nur durch ihre Zahl, nicht durch ihre Kraft einen Zuwachs darstellten, die durch ihr Schattenbild den Feind, nicht durch ihre Waffen schlügen und in der Reihe der Kämpfer nur mitgerechnet würden, weil sie einen Mann abgäben. Das seien die reichen Herren, gross an Herkunft, aber nicht an Mut, welche die Liebe zum Leben, ein Erzeugnis des grossen Besitzes, treibe, mehr auf die Stimme der Vorsicht zu hören, denn sich als kräftigen Adel zu bewähren. (4.) Es gäbe auch noch eine Klasse, die nur wesenlosen Schein in den Kampf mitbrächten und die, immer sich unter den hintersten Kampfgenossen haltend, die Ersten wären auf der Flucht, die Letzten zum Kampfe. An ihnen verrate die innere Haltlosigkeit das äussere Anzeichen unzweifelhafter Furcht; denn sie kämen, mit [110] 110Fleiss eine Gelegenheit zum Zurückbleiben suchend, immer mit zögerndem, zaghaftem Schritte hinter den Kämpfenden her. – Diesen Umständen, denke er, habe der König sein Entkommen zu danken: Die Streiter der (1.) ersten Klasse hätten ihm auf seiner Flucht nicht sonderlich zugesetzt, da deren Sorge nicht der Aufhaltung der Besiegten, sondern der Sicherung des Sieges gewidmet sei, da sie also ihre Reihen zusammenschlössen, damit der neu errungene Sieg, auf ausreichende Kräfte gestützt, vollen Erfolg

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_155.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)