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III. Horwendill, Amleth. 113

 einen prächtigen Leichenschmaus. Darauf setzte er der Schwester des Koller, Sela mit Namen, die in Wikingfahrten geübt und in dem Kriegswerke erfahren war, nach und erschlug sie.

Nachdem er drei Jahre unter tüchtigen Kriegsthaten verbracht, widmete er die schönsten Siegeszeichen und auserlesene Beute dem Rorik, um auf eine höhere Stufe in seiner Freundschaft zu steigen. Infolge des vertrauten Verhältnisses zu ihm erhielt er seine Tochter Gerutha zur Frau, und von ihr bekam er einen Sohn, Amlethus.

Aus Neid über ein so grosses Glück beschloss Fengo seinem Bruder eine Falle zu legen; so wenig ist ein tüchtiger Mann sogar vor seinen eigenen Blutsverwandten sicher. Sobald sich für den Mord eine Gelegenheit bot, sättigte er mit blutiger Hand die grause Begier seines Herzens. Auch nahm er das Weib seines ermordeten Bruders und fügte so Blutschande zum argen Mord. Denn wer sich einer Sünde ergiebt, der stürzt bald haltlos in eine andere; die eine treibt immer zur zweiten. Die grause That verdeckte er mit kecker Schlauheit: er ersann eine Entschuldigung für das Verbrechen darin, dass er Wohlwollen heuchelte und beschönigte den argen Mord durch das Vorgeben, dass er eine Verwandtenpflicht erfüllt habe. Denn die Geruth habe, obwohl sie so sanften Charakters sei, dass sie nie jemand auch nur durch die leiseste Verletzung gekränkt habe, doch den leidenschaftlichsten Hass ihres Gemahls fühlen müssen; um sie zu retten, habe er den Bruder getötet, weil er es für empörend gehalten habe, dass eine Frau, so sanft und ohne Leidenschaft, rücksichtslose Behandlung von seiten ihres Mannes erdulden müsse. [88] 88Die Ausrede verfehlte nicht ihren Zweck. Denn bei Hofe fehlt auch einer Lüge der Glaube nicht, wo ja Possenreisser bisweilen Einfluss erlangen, Verläumder Ehren. Und Fengo bedachte sich nicht, mit seinen von Mord befleckten Händen sträfliche Umarmungen zu suchen, indem er mit gleicher Bosheit zweimal die Schuld einer Sünde auf sich nahm.

Als Amleth das sah, nahm er den Anschein von Thorheit

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_123.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)