Albrecht Dürer: Underweysung der Messung, mit dem Zirckel und Richtscheyt, in Linien, Ebenen unnd gantzen corporen | |
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Im anfang thut not / so man die iungen / messen will leren das sie wissen/ was der grund sey darauß man myst / vnd wie da gemessen wirdet Es sey eyn newerdachtz / oder forgemachts ding / Dreyerley ding sind zuemessen / Erstlich ein leng / die weder breyt noch dick ist / Darnach eyn lenge die ein breyten hat / Zum driten ein lenge / die ein breyten vnd dicken hat/ Diser aller ding anfang vnd end sind punckten[1] / Aber eyn punckt ist ein solch ding / das weder Groeß Leng Breyt oder Dicken hat / Vnd ist doch ein anfang vnd ende / aller leiblichen ding / die man machen mag / oder die wir in vnsern synnen erdencken muogen / Wie dann das die hochuerstendigen / diser kunst woll wyssen / vnd darumb erfuellt keyn punckt keyn stat / dann er ist vntzerteylich / vnnd er mag doch auß vnnsern synnen oder gedancken / an alle end oder ort gesetzt werden / Dann jch mag mit dem synn ein punckten hoch in lufft werffen / oder in die tyffen fellen / da hyn jch doch mit dem leib nit reichen kan / Aber damit die iungen verstendig in gebreuchlicher arbeyt werden / So will jch jnen den punckten als ein gemel mit eym tupff / einer federn fuersetzen / Vnd das wort punckt darbey schreiben / damit der punckt bedewt wirdet / punckt / Wenn nun diser punckt / von seynem ersten anfang / an eyn ander ende getzogen wirdet / so heyst es eyn Lini / vnnd dise Lini ist eyn lenge / an alle dicke vnd breyten / vnd mag getzogen werden so lang man will. Dise Lini will jch mit einem geradenstrich hie entgegen mit der federn auffreyssen / vnnd den namen Lini darauffschreiben/ 1 Auff das die vnsichtig Lini / durch den gerade ryß im gemuet verstanden werd / Dann durch solche weyß muß der jnnerlich verstand im eussern werck angetzeigt werden / Darumb will ich alle ding / die jch in diesem buechlin beschreib / auch darneben auffreissen / auff das meyn darthon /die iungen zuo einer einbildung vor augen sehen / Vnnd dest baß begreiffen. Nun ist zue mercken / das die Lini mancherley weyß getzogen muegen werden / vnnd sonderlich sind dreyerley Linien / darauß vill zuemachen ist / Zum ersten ist eyn gerade Lini / Zum Andern die Cirkellini / darnach ist noch eyn krume Lini/ die angeferdt mit der hand / oder von punckt zuo punckt getzogen mag werden / wie dann das etlich kunst antzeygen / dardurch mancherley[2] verendrung komen / Aber diese krume Lini / weyß jch nit baß zuo nennen / dann eyn Schlangen Lini/ darumb das sie hyn vnd her getzogen mag werden / wie man will / Des zuo klarem verstand / hab jch sie hie vnden auffgeryssen vnd jre namen auff ygliche geschrieben.
Albrecht Dürer: Underweysung der Messung, mit dem Zirckel und Richtscheyt, in Linien, Ebenen unnd gantzen corporen. Nürnberg, 1525, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Duerer_Underweysung_der_Messung_007.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2021)