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Messina genannt, welche in Sicilien liegt. Hart dabei liegt ein großer hoher Berg, welcher Tag und Nacht, Jahr und Tag brennt, der Berg Aetna genannt, welchen man für ein sonderliches Mirakel hält. Zu Messina ließen uns die Herren auf einem Schiff nach Neapolis führen, eine gewaltige vornehme Stadt. Darnach zogen wir auf Rom, da viel wunderbarliche Sachen zu sehen, darnach auf Florenz. Hab auch schöne Sachen da gesehen, bin auch nachher weiter gezogen und habe 3 Jahre für einen Leibtrabanten gedient. Darnach zogen wir auf Mantua, darnach auf Verona und Trient, darnach zog ich durch das Etschland und auf der Donau weiter nach Komorn in Ungarn, vermeinte allda meine Sachen zu finden, aber es war alles hinweg. Begab ich mich weiter in das Land zu Sachsen und bei meinen gnädigsten Kurfürsten und Herrn seliger Gedächtniß in der hoch- und weitberühmten Festung Dresden. Nun bin ich in das 17. Jahr hier und dieweil mich vor 6 Jahren der Schlag in der linken Seiten getroffen, leider Gott erbarm es, daß ich meines Herrn Dienst nimmer verrichten kann und mein armes Weib in ihrem Haupt gar verwirrt ist, hab ich so ein schweres Kreuz, daß es Gott erbarmen möchte, wer nur das Elend ansieht.“

Zum Schluß faßt Breißinger den Inhalt seiner Erzählung noch einmal kurz zusammen: „Hab mich 18 Jahr wider den Erbfeind brauchen lassen und sonst auch in Italien, Frankreich und Niederland und bei der Schlacht auf dem Meere (Lepanto?) und bei der Einnahme des Königreichs Portugal und des Passes in India, Terceira genannt.“ Ueber seine Theilnahme an der Eroberung Portugals durch die Spanier, sowie über seinen Aufenthalt auf der Azoreninsel Terceira spricht er sich leider nicht weiter aus. Vermuthlich hat er in den Reihen der deutschen Landsknechte gekämpft, die Philipp I. 1579 anwerben ließ, um mit ihrer Hilfe seinen Gegner, den König Anton von Portugal, aus diesem Lande zu vertreiben. – Am Schlusse des Werkes steht die eigenhändige Unterschrift des Verfassers: Hanß Breißinger, meines Alters etliche und 70 Jahr.


2. Nikolaus Schmidt.

Ganz ähnlich wie Breißinger erging es einige Jahrzehnte später dem Dresdner Bürger und Kürschner Nikolaus Schmidt, der gleichfalls 5 Jahre lang in türkischer Gefangenschaft zubrachte und nach seiner Rückkehr in die Vaterstadt eine Schilderung seiner Leiden in Buchform herausgab[1]. Wie das mehrfach aufgelegte und nicht uninteressant geschriebene Werk berichtet, ließ sich Schmidt nach beendigter Lehrzeit im Jahre 1605 zu Dessau anwerben, um dem Hause Habsburg in Ungarn gegen den Erbfeind zu dienen. Mit andern sächsischen Söldnern wurde er zunächst nach der Grenzfestung Komorn geführt und hier mehrere Monate hindurch im Gebrauche der Waffen geübt. Bei den Schießübungen dienten ausgestopfte und auf Stangen gesteckte Türkenköpfe als Zielpunkte. Als er aber eines Tages bei einem Ausfalle das eben Gelernte erproben sollte, wurde er von den Türken umzingelt und gefangen nach Ofen geführt. Hier kaufte ihn ein Pascha um hohen Preis, da geschickte Kürschner bei den Türken sehr gesucht waren, und fuhr mit ihm die Donau hinab bis Belgrad. In dieser Stadt machte Schmidt die Erfahrung, daß die Türken ihre religiösen Gebräuche nicht ungestraft verhöhnen ließen. „Ich habe allda“, berichtet er, „der Türken, so vom Thurn wunderlich geschrien und ihrem Brauch nach die Betstunde angekündiget, aus Unwissenheit gespottet, welches mir aber sehr übel bekommen, alldieweil ich 50 Streiche auf die Fußsohlen empfangen und also zum erstenmal hart geprügelt wurde. Das Prügeln verursachet solche Schmerzen, die nicht auszusprechen, und ist von dergleichen Kraft, daß es auch den wildesten und unbändigsten Menschen zur Furcht und Demuth bringen kann.“ Bald darauf setzte der Pascha seine Reise nach Konstantinopel fort und nahm seinen Diener mit sich. Schmidt blieb mehrere Monate in der Hauptstadt, bis er auf ein Landgut seines Herrn versetzt wurde, wo er den ganzen Tag über Korn dreschen und in der Nacht die Weinberge vor dem Einbruch wilder Schweine bewachen mußte. Als nach einiger Zeit der Pascha kinderlos starb, gingen die Sklaven sammt der übrigen Hinterlassenschaft in den Besitz des Sultans über und wurden zu allerhand schweren öffentlichen Arbeiten verwendet. Im Frühjahr 1606 rüstete der türkische Kaiser eine gewaltige Kriegsflotte aus, welche im Mittelmeere auf spanische und Malteser Schiffe kreuzen sollte. Schmidt wurde auf einer Galeere als Rudersklave angeschmiedet und mußte sich zwangsweise an der Fahrt betheiligen. Das


  1. Kurtze vnd wahre Beschreibung Der fünff Jährigen harten Gefängnüs, Welche Nicolaus Schmidt, Bürger vnd Kürschner in Dreßden, vnter den Türcken, beydes zu Constantinopel, vnd dann auff denen Reisen, so er nach Aegypten vnd an andere Orte, als ein Sclav, zu Wasser vnd Lande thun müssen, erbärmlicher Weise, in Eisen vnd Banden außgestanden, Worbey Viel Newe denckwürdige vnd in andern dergleichen Reise Büchern nicht befindliche Geschichte, deren theils mit Figuren angedeutet, auß selbest eigener Erfahrung, erinnert vnd angeführet werden. Mit angehängten Verzeichnüs etlicher Türckischen wörtern. Gedruckt zu Dreßden, Bey vnd in Vorlegung Wolff Seyfferts Buchhändlers Anno MDCXXXV. 4°. Eine 2. Auflage erschien Leipzig 1684. 4°. Später wurde das Werk auch ins Holländische übersetzt: „Reysbeschryvinge na Constantinopolen en Egypten 1605“. Von dieser Ausgabe sind mir zwei in Leyden 1702 und 1707 erschienene Auflagen bekannt geworden.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/287&oldid=- (Version vom 11.5.2024)