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Die große Völkerschlacht bei Leipzig war geschlagen, der corsische Eroberer überwunden. Unser Thormeyer konnte unbeschadet seiner Ruhe den heimathlichen Gefilden wieder zuwandern. Aber auch unserem Künstler wurde ins Gedächtniß gerufen, daß mancher wackere Mann dem blutigen Kampfe erlegen war. Trat doch an ihn die Aufgabe heran, zwei Tapferen, die im Kriege verblutet, bleibende Denkmale zu setzen. Theodor Körner bei Wöbbelin und General Moreau bei Dresden. Das Denkmal Theodor Körners ward mit dem Emblem von Leyer und Schwert von Thormeyer entworfen, um in Berlin in Eisen gegossen zu werden. Den Auftrag hierzu erhielt er von Dr. Chr. G. Körner, zu dem er in freundschaftlicher Beziehung stand und der als Hauptberather des russischen Gouvernements für Thormeyer sich bald darauf sehr erfolgreich verwendete. Ueber dem Kranze, der das Denkmal ziert, hat Thormeyer noch einen sinnigen Schmuck angebracht, einen Schmetterling, wie ihn der Freiheitssänger lange auf einem Ringe getragen. Die Originalzeichnung des Denkmals, sowie ein vortrefflicher Stich Darnstedts darnach befinden sich im Körnermuseum. Schon am 27. August 1814 konnte Dr. Körner aus Berlin an Elise von der Recke schreiben: „Das Denkmal ist fertig und vom König mit Aufmerksamkeit nebst anderen fertiggewordenen Denkmalen besehen worden. Nachher werden diese Denkmale 8 Tage lang dem Publikum gegen ein Eintrittsgeld für die Verwundeten gezeigt. Wenn also gleich meine Absicht nicht erreicht wurde, daß es an seinem Todestage schon bei Wöbbelin stand, so sah es doch schon an diesem Tage manche gute Seele mit Theilnehmung. Nächsten Montag, denke ich, wird es von Berlin zu Wasser abgehen.“

Dresden verdankt dem russischen Gouvernement unter Fürst Repnin vieles Gute und dauernd Bleibende. Wenn wir auch absehen von den mancherlei nützlichen administrativen Anordnungen, müssen wir doch den Wiederaufbau der Elbbrücke, die Umwandlung des Großen Gartens in einen Lustort, die Erweiterung der Kunstakademie und anderes erwähnen, insbesondere aber zweier Aufträge gedenken, deren Ausführender Thormeyer werden sollte. Am 4. November 1814 wurden die Gebeine Moreaus unter den von Thormeyer entworfenen Denkmal beigesetzt. Es befindet sich auf den Räcknitzer Höhen, wo Moreau fiel, besteht aus einem Syenitwürfel mit Helm, Schwert und Lorbeerkranz und ist in seiner Schlichtheit der Weihe des Ortes angepasst.

Der weit wichtigere Auftrag war der Bau einer steinernen Freitreppe zum Brühl’schen Wallgarten. Die Anregung hierzu ging vom Fürsten Repnin selbst aus, wie ein Bericht des Sektionschefs Oberst von Miltitz, der sich im Hauptstaatsarchiv vorfindet[1], ausdrücklich bestätigt. Am 26.  Februar 1814[2] überreicht Thormeyer dem General-Gouvernement unter Berufung auf erhaltene mündliche Aufträge zwei Zeichnungen und Anschläge zu der großen Freitreppe, die dahin kommen soll, „wo gegenwärtig das Königliche Spritzenhaus mit der Aufseherwohnung angebaut ist.“ Am 18. März schon ergeht an das Königlich Sächsische Geheime Finanzkollegium der Befehl, den Auftrag unter Hofbaumeister Thormeyers Leitung, der sich nach mündlichen Anordnungen zu richten hat, schleunigst zu vollführen. Am 21. März wird die Auszahlung von 3907 Thlrn. 1 Gr. vom Finanzkollegium angeordnet, welch’ letzteres zugleich den Oberlandbaumeister Franke benachrichtigt, „daß durch Fürst Repnin Hofbaumeister Thormeyer zum Bau besagter Treppe beauftragt sei“." Die Kosten betrugen inclusive der Löwen, des eisernen Geländers, Abputzung der Terrassenmauern, Legung der steinernen Platten und Pflasterung des Platzes vor der Treppe, was alles nicht im ersten Anschlag begriffen war und mündlich hohen Ortes anbefohlen wurde, 5756 Thlr. 14 Gr. gegen 4802 Thlr. 8 Gr. 1 Pf. im Anschlage. Am 28. Oktober 1814 wird, vom Gouverneur verordnet, daß an Thormeyer 10 Thlr. für Zeichnungen zu den Stichen der neuen Treppe und des Belvedere ausgezahlt werden sollen, an die Kupferstecher Hammer und Frenzel je 25 Thlr. Am 8. November verließen die Russen die Stadt. Daß das russische Gouvernement im Verein mit Thormeyer durch diese seither so berühmt gewordene Freitreppe eine wesentliche Verschönerung der Stadt herbeigeführt hatte, ist unbestritten. Und die alten Stiche mit den Löwen und üppigem Baumwuchs geben ein imposantes Bild, dessen Wirkung freilich heutzutage durch die berühmten Schilling’schen Figuren um vieles gesteigert wird.

Ueber Thormeyers weitere, recht rege Bauthätigkeit giebt uns zumeist das Dresdner Rathsarchiv Aufschluß. Zuerst ist es die Herstellung und Umfriedigung des neuen Begräbnißplatzes an der Sandgrube, des Trinitatisfriedhofes [3], die er kontraktlich am 7. Juni 1815 übernimmt. Zugleich verpflichtet er sich, den Bau für 12 095 Thlr. 11 Gr. 9 Pf. bis Johannis 1816 zu vollenden. Und schon am 8. Januar 1816 bittet er,


  1. Acta, die Königlichen Gebäude und den Brühl’schen Garten betreffend. 1814. Geheime Cabinets-Canzley Loc. 19. General-Gouvernement I. Section 773.
  2. Siehe Königliches Hauptstaatsarchiv: Acta, Bausachen betreffend. Anno 1814. Geheime Cabinets-Canzley Nr. 778. - Acta, des vormaligen Brühl’schen Palais u. s. w. betreffend. Geheime Finanz-Canzley Vol. I 1814. Loc. 35 892.
  3. Dresdner Rathsarchiv Acta B. XV. 102. Bl. 92 flg, 115 flg.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/247&oldid=- (Version vom 6.5.2024)