Seite:Dresdner Geschichtsblätter Erster Band.pdf/232

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.


IV. Jahrgang          1895          Nr. 41.


Von diesen Blättern erscheinen jährlich 4 Nummern im Umfange von 1½ bis 3 Bogen. Bestellpreis für den Jahrgang 3 Mark. Die Vereinsmitglieder erhalten die Blätter unentgeltlich zugesandt.


Zwei Schriften des Dresdner Liederdichters Kaspar Füger.
Von Prof. Dr. Georg Müller.


Kaspar Füger bekleidete ungefähr ein halbes Jahrzehnt lang die Stellung eines Hofpredigers bei der Herzogin Katharina, der Wittwe Herzog Heinrichs des Frommen, die in Freiberg und Torgau Hof hielt. Als sie 1561 starb, lebte er, vom Kurfürsten August mit einem Gnadengehalte von 100 Thalern versehen, in Dresden. Ein Halsleiden scheint ihn gehindert zu haben, wieder ein geistliches Amt zu übernehmen. Er benutzte die Muße zur Herausgabe von Flugschriften über die herrschenden Tagesfragen. Als eifriger Vertheidiger der reinen Lehre wurde er zu schriftstellerischen und dichterischen Versuchen zu Ehren der Konkordienformel veranlaßt.

Auch die Herausgabe von Kalendern nahm er in die Hand. Sie enthielten als Zugabe Anweisungen zu täglicher Bibellektüre. Wir können es begreifen, wenn Kaspar Füger durch die Einführung des Gregorianischen Kalenders an den Grenzen Sachsens, in Böhmen und der Oberlausitz lebhaft aufgeregt wurde. Seiner Besorgniß giebt er Ausdruck in dem Schriftchen:

Nawe Zeittunge: Eines kurtzweiligen gesprechs: Zweyer Meißnischen Pawren, Von dem jetzigen newen des BapstsCalender, Das der Ostertag ist gehalten worden am Sontag Oculi. Anno 1584. Bremenses Asini clamabant Resurrexi, Cum Populus Dei cantarent Oculi mei. Des Bapsts Gesindt ihr Ostern beghan, Wenn wir Bawrn Oculi mei han. Auffs newe gebessert, vnd jetzt zum andern mahl in Druck vorfertiget. Autore C. F. – Am Schluß: Gedruckt in der Churfürstlichen Stadt Dreßden, durch Gimel Bergen, den 25.  Martij. ANNO M. D. LXXXIIII.

Das Schriftchen, das 8 Quartblätter umfaßt, enthält ein Gespräch zweier meißnischen Bauern, Pebel und Merten, die mit ihren Frauen, Marsa und Grete, in die Stadt gekommen sind und schönes Geld für ihre Produkte gelöst haben. Denn sie kennen nicht die Sorgen der modernen nothleidenden Landwirthschaft. Es ist ein gutes Jahr. Das Getreide ist gut gediehen und hat guten Preis. Die Unterhaltung beginnt:

Pebel.

Gevatter Meerten, Wa seit ihr so lange gewesen, das ich euch nicht gesehen, und in langer weile kein Kennichen Wein mit euch gezechet habe. Mein Gevatter, last uns mit einander jetzt zum Weine gehen, denn er schmeckt vermert wol, so können wir ihn auch itzo fein bezahlen, weil uns das Getreide so wol gilt, und alles, was wir nur in die Stad zu Marckte thun bringen, uns auch thewer gnug bezalet wirdt.

Merten.

Lieber Gevatter Pebel, es habesen sant Velten, ich gehe mit, und wage ein par Schreeckenberger dran, so meine Gretha heut für ein Kaphan gelöset, denn die Stedter fressen gerne gute Bissen, so trincken wir Bawren gerne guten Wein. Ists nicht war, lieber Gevatter Pebel? Ja er schmeckt auch meiner hertzlieben Grethen sehr wol.

Pebel.

Oho, die Weiber sauffen jetzt ja so gerne und sehr guten Wein als wir Menner, darumb dürffen sies uns auch nicht mehr fürwerffen, wenn wir, beide


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/232&oldid=- (Version vom 28.5.2024)