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16) Dienstag... Em. Sachße bringt zwei Wasserhühner und einen recht geistreichen Brief mit humoristischen Illustrationen.

18) Donnerstag. Den Abend bringe ich bei Herrn Prof. Ackermann zu, welcher nebst mehreren anderen auch mich eingeladen hat, seine Dürer (Kupferstiche) zu schauen und zum Thee zu bleiben. Prof. Ackermann besitzt wohl die schönsten Exemplare der Dürerschen Blätter, die man sehen kann. Die Abdrücke sind so kräftig, so rein, die Blätter sind großentheils noch mit einem breiten Papierrand umgeben, daß kaum eine Sammlung mit der seinen verglichen werden kann. Wir verbringen einen sehr angenehmen Abend, welchen wir nicht allein den Dürers mit den breiten Rändern, sondern auch der sehr liebenswürdigen Familie zu verdanken haben.

19) Freitag... Abends kommen Sachße und Wislicenus. Ersterem übergebe ich meine gezeichnete Antwort auf seine beiden schon erwähnten Briefe[1].

21) Sonntag. Gott sei Dank, die längste Nacht ist überstanden. Das hat für einen, der nur bei Tageslicht arbeiten kann, große Bedeutung. Nach nochmaliger Ueberarbeitung meiner Zeichnung[2] für Langer übergebe ich sie nun diesem als vollendet. Daß ich noch manches daran nachzuholen hatte, namentlich in Beziehung auf gute Haltung und Auseinandergehen der Massen, bemerkte ich selbst sogleich, als ich vorigen Dienstag die Zeichnung der Direktorialversammlung des Kunstvereins vorlegte. Anderes Licht, andere Umgebung ließen mich sogleich die Mängel erkennen. Nun ist diese Angelegenheit aber erlediget.

29) Montag. Es beschäftiget mich jetzt ein Aufsatz, welchen G. Wigand von mir wünscht, nämlich eine Darlegung der Gedanken, welche mich leiten bei Unternehmung unseres Bibelwerks.

31) Mittwoch. Der letzte Tag dieses Jahres ist nun da. Es endet für mich unter wenig günstigen Verhältnissen. Wär ich jung oder wär ich nur noch im Besitz gesunder Augen, wie bald wollt ich wieder oben auf sein; oder vielmehr, ich befände mich gar nicht auf dem Fleck, auf welchem ich jetzt stehe. Nun, wie Gott will. Er kann dennoch mich wieder aufrichten. Er gebe seinen Segen zu dem Bibelwerke, jetzt meine einzige (künstlerische) Hoffnung.

1852.

Januar.

1) Donnerstag. C. v. Gonzenbach, der meine Komposition „Glaube, Liebe, Hoffnung“ gestochen hat, erfreut mich durch eine Sendung von zwölf Abdrücken dieses längst vollendeten Blattes... Sein Blatt befriediget mich nicht ganz. Er hat nach meiner Zeichnung sich selbst eine Zeichnung gemacht, die vielleicht ruhiger und weicher als die meine sich ausnimmt, aber stumpfer und charakterloser geworden ist. Neben diesen Blättern sendet er mir noch zwei Drucke von einem kleinen Blättchen, das er nach Amslers Zeichnung meines „Siegfried und Chriemhilde“ mit meiner Einwilligung gestochen hat.

28) Mittwoch. Macaulays Geschichte Englands (aus welcher die Hausfrau mir unter Tages vorliest) erzählt eine fast ununterbrochene Reihe von Verbrechen. Nur wenige Strahlen reinen Lichtes erleuchten zuweilen die düstern Gefilde. Das Anhören dieser Erzählungen kann daher ein Vergnügen nicht genannt werden. Die Genugthuung, die man empfinden kann, besteht darin, daß endlich fast immer dem Verbrechen die Strafe folgt. – Wie so ganz anders fühlt man sich bewegt bei Anhörung der abendlichen Vorlesungen! Friedrich Perthes ist ein Mann nach meinem Herzen. Nach allen Beziehungen steht er rein, edel, tiefeingehend da. Wie schön entfaltet sich bei ihm die Seite des religiösen Lebens! Wie herrlich entwickelt er sich als vaterländische Gestalt! Seine Stellung zu dem politischen Treiben seiner Zeit, sein Verhältniß zu den schweren Kämpfen des Vaterlandes, sein Eingreifen in die besondern Verhältnisse der Stadt, die ihm zur Heimath geworden war, zeigt ihn durchaus verehrungs-, ja bewunderungswürdig.

Februar.

1) Sonntag... In der Anstalt musikalischer Abend. Bezzenberger geht damit einen neuen Weg. Er bewirthet seine Gäste nicht bloß mit den gewöhnlich sehr mangelhaften musikalischen Erzeugnissen der Anstalt. Er giebt etwas Gutes zu hören, das außer derselben gewachsen ist. Heute werden von vier ausgezeichneten Virtuosen der k. Kapelle Quartette (eines von Beethoven, das andere von Haydn) zur Aufführung gebracht, die allen Hörern einen hohen Genuß gewähren. – Ludwig singt eine Arie des Pylades aus Glucks Iphigenie. Er erntet großen Beifall mit seiner sich immer schöner entwickelnden Stimme. Einer der Musiker der Kapelle spitzt die Ohren bei den ersten Tönen und bemerkt gegen Bezzenberger, das sei eine Stimme, die 2000 Thaler werth sei.

7) Samstag... Galerie-Kommission... Hübner theilt uns mit, daß die vergangene Nacht Reinick, der Maler-Dichter, gestorben sei. Seit wenig Tagen ernstlich erkrankt, erlag er dennoch einem Unterleibsübel, dessen traurigen Ausgang in nicht zu weiter Ferne die Aerzte schon lange vorausgesagt hatten. Mit ihm scheidet aus unserer Mitte ein edles, treues, begeistertes Dichterherz. Seine Lieder werden fortklingen. Unter anderen Sachen ist der Text zu Alfred Rethels Todtentanz von ihm.


  1. Das Tagebuch erwähnt einen einzigen, doch sind zwei Briefe erhalten.
  2. Zu dem Schlußbild der Nibelungen.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/210&oldid=- (Version vom 20.5.2024)