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käme; aber aus dem Fonds der Reisestipendien die Mittel zu nehmen, ist doch wohl bedenklich. Man sagt freilich, man will nur die ersparten Gelder verwenden. Hat man aber erst ein solches Ziel im Auge, so wird man bald durch Nichtverleihung von Reisestipendien zu Ersparungen gelangen wollen.

14) Sonntag... Gang über die neue Eisenbahnbrücke von der Neustädter Seite aus und Verfolgung des Eisenwegs bis zum Falkenschlag. Es ist ein prächtiger Spaziergang. Die Aussichten nach den Gehegen, Gärten, Höhen der Umgegend sind überraschend schön.

Oktober.

7) Dienstag... Beim Nachhausegehen begleite ich Ed. Devrient. Besprechung über die gestrige Aufführung des Coriolan. Devrient berichtet mich näher über die ungeschickten Auslassungen der Gutkow’schen Bearbeitung und weist mich, was das Spiel anbelangt, auf die trefflichen Bemerkungen über Schauspielkunst hin, welche Shakespeare dem Hamlet in den Mund legt.

11) Samstag. Herr von Quandt ladet die anwesenden Mitglieder der Galerie-Kommission zum Mittagsessen ein zur Gesellschaft des Herrn Professor Welcker aus Bonn, welcher sein Gast. Regierungsrath Schulz kann leider wegen geschäftlicher Abhaltungen nur erst gegen Ende der Tafel erscheinen. Das Gespräch ist durchgängig belebt und interessant; namentlich interessiren mich Welckers Mittheilungen über Herrn von Stein, mit dem er längere Zeit näher verkehrte. – Abends ist Maßmann bei uns. Derselbe reist morgen von Dresden nach Berlin zurück.

14) Dienstag. Strauch bringt den Abend bei uns zu. Er erzählt uns viel von Cornelius, den er öfter sieht, den auch ich wiederzusehen mehr und mehr Verlangen trage.

15) Mittwoch. Die Feier des Polterabends von Rethels Hochzeit. Alfred Rethel heirathet nämlich Marie Grahl, Tochter des mir von Rom her befreundeten Malers August Grahl. Die Feier findet in Villa Rosa (im Besitz des Schwiegervaters von Grahl, des Banquier Oppenheim) statt, und wir sind zu derselben eingeladen. Es wird ein Festspiel (Erzählung eines Märchens, begleitet mit Musik und lebenden Bildern, bei denen unsere beiden Mädchen mitwirken) aufgeführt. Außerdem kommen noch Tanz (Saltarello, Herr Geyer aus Berlin, Fräulein Winkler[1] in Kostüm) und Männergesang vor. Erst nach Mitternacht kehren wir nach Hause zurück.

16) Donnerstag. Die neue Zeichnung des „Dankopfer Noahs“ für die Bilderbibel in Arbeit genommen.

22) Mittwoch. Der Sammlung biblischer Zeichnungen ist wieder ein neues Blatt einverleibt worden, nämlich „das Dankopfer Noah“, von welchem zwar eine Darstellung vorhanden war, die mich aber nicht befriedigte.

26) Sonntag... College Hübner von seiner Reise nach Belgien, Holland und an den Rhein wieder zurückgekehrt. Ich mache ihm meinen Besuch. Er hat viel gesehen und wird uns nach den wenigen Proben, die ich heute vernehme, viele interessante Mittheilungen zu machen haben.

27) Montag... Bei Bendemann sehe ich auch herrliche Zeichnungen, welche Hübner aus Düsseldorf mitgebracht hat. Erstens eine Prachtzeichnung von Overbeck, eine Kreuztragung, welche in verkleinertem Maßstab von Pflugfelder gestochen worden, und sehr schöne landschaftliche Zeichnungen von Schirmer, eigene Kompositionen mit Kohle gezeichnet.

29) Mittwoch... Gaber bringt einen Abdruck des nach meiner Bibelzeichnung „Jacob und Rahel am Brunnen“ vollendeten Holzschnitts, der im Ganzen sehr gut ausgefallen ist und mich über die Anwendbarkeit des Holzschnitts für eine Ausgabe meines Bibelwerkes außer allen Zweifel stellt...

November.

3) Montag... Durch Graf Baudissin wird mir eine Unterrichtsstunde angetragen, welche eine Engländerin nur entweder bei Kaulbach oder bei mir nehmen will. Ich halte es keinesweges für eine Schande, zu unterrichten, und unterrichte ja in der That fortwährend an der Akademie. Der ärmste Junge kann darauf rechnen, daß ich ihm meine Unterweisung ertheile, wenn er sie verlangt und bedarf. Einer verrückten Engländerin (das muß die sein, die entweder nur von mir oder Kaulbach Unterricht annehmen will) Stunden zu geben und die Rolle des Charlatans willig zu übernehmen, dazu kann ich mich nicht entschließen.

4) Dienstag. Absendung einer ablehnenden Antwort an Graf Baudissin.

6) Donnerstag. Nachmittag gehen wir... von der Neustädter Seite aus über die neue Elbbrücke, die nun auch in den Einzelheiten ihrer völligen Vollendung rasch entgegengeführt wird. Die Aussicht über die Stadt, die Gehege, die Höhen ist ungemein schön, und man kann wohl sagen, daß der Gang über die Brücke bis zum Falkenschlag einer der schönsten Spaziergänge ist, die man hier machen kann.

8) Samstag... Abends gehen wir in das Theater und sehen eine höchst gelungene Aufführung der „Komödie der Irrungen" von Shakespeare. Die Brüder Devrient spielen die beiden Antipholus.

12) Mittwoch. Gaber mit Aimée Richter, Tochter meines alten Freundes Ludwig Richter, verlobt.

18) Dienstag... Abends zu Ende gelesen: Henriette Herz, biographische Skizzen. Ein Buch, das sich ganz


  1. Tochter des unter dem Namen Theodor Hell bekannten Hofraths Winkler, nachmalige Gattin des Bürgermeisters Hertel.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/208&oldid=- (Version vom 19.5.2024)