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22) Dienstag. Die Schöpfungstafel für die Linder[1] beschäftigt mich jetzt anhaltend. Die Aufgabe macht mir jetzt viel Freude, obwohl die Arbeit nicht leicht ist... Abends bei Graf Bose, bei welchem ich einen gewissen Weyrauch kennen lerne, der an Gaben und Kenntnissen ausgezeichnet, aber auch sehr unglücklich sein soll. Geheimer Rath von Langenn liest aus seinem Moritz den Abschnitt über Hofleben und Sitte vor.

24) Donnerstag... Zufällig komme ich über den letzten Theil der Odyssee und schöpfe den größten Genuß aus der Lesung desselben.

27) Sonntag. Heute beendige ich eine neue biblische Zeichnung für das Bibel-Album meiner Frau, um eine alte, mit der ich nicht zufrieden bin, damit auszulösen. Der Gegenstand ist die Ermordung Abels.

Februar.

1) Freitag... Rethel hat sich entschlossen, auf acht Tage mit Ramberg und dem jungen Hanfstängl nach München zu gehen, zunächst um das nächsten Montag stattfindende Künstler-Karnevals-Fest und dann auch im Uebrigen München wieder einmal zu sehen. Er bringt den heutigen Abend noch bei uns zu.

4) Montag. Ich bringe meine größeren Aquarellzeichnungen zum Nibelungenlied nach dem Kunstverein, um sie daselbst ausstellen zu lassen...

5) Dienstag. Direktorialversammlung des Kunstvereins. Meine Zeichnungen sind schon eingerahmt und finden bei meinen Freunden und Kollegen viel Beifall. Dagegen scheint es, daß der Stich von Gonzenbach nach meiner Zeichnung: „Glaube, Liebe, Hoffnung“ nicht gut aufgenommen wird. Allerdings ist der Stich nach der ohnehin stumpfen Kopie meiner Zeichnung noch stumpfer und stylloser geworden...

11) Montag... Entwurf der Zeichnung für Blochmann zu seinem Geburtstag. Als Gegenstand habe ich die Geschichte gewählt, die er von seinem Vater uns erzählte: wie nämlich dieser einem armen Menschen, dem er bereits allerlei gegeben, auch noch die Strümpfe giebt, die er soeben selbst noch getragen, weil die andern alle in der Wäsche sind.

13) Mittwoch. Der eben erwähnte Gegenstand zu einer Zeichnung für Blochmann beschäftiget mich nun unausgesetzt. Ich fange heute bereits an mit Sepia zu tuschen.

14) Donnerstag... Rietschel sendet mir die kleine Goethe-Statuette, welche theils unter seiner Leitung und theils von seiner eigenen Hand als Nachbildung jener Goethe-Statue entstanden ist, die bei Goethes hundertjähriger Geburtstagsfeier in dem Festsaal der Harmonie aufgestellt war und eine so außerordentliche Wirkung machte. Diese kolossale Statue konnte nur in sehr vergänglichem Material hergestellt werden. Sie entstand unter Rietschels Händen in nur wenigen Tagen aus Holz, Leinewand und Gyps. Bei der Aufforderung an den Meister, das gelungene Werk in verjüngtem Maße wenigstens zu erhalten, habe ich mich nachdrücklich betheiliget. Aus der Dämmerungskneipe (Meißners Kaffeehaus) begleiten mich Oehme und Strauch nach Hause und bringen den Abend bei uns zu.

15) Freitag. Rethel aus München zurückgekehrt. Seine Reise ist gut ausgefallen, obwohl das Künstlerfest, welches zu sehen die Veranlassung zur Reise war, hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben ist. Die Dichtung, welche der Fest-Aufführung zu Grunde gelegt war, sprach sich nicht aus und darum nicht an. Dagegen haben die Kunstwerke der neueren Malerschule einen großen Eindruck auf ihn gemacht...

16) Samstag. Meine Zeichnung für Blochmann ist der Hauptsache nach vollendet. Die Meinigen finden sie gelungen und haben viel Freude daran...

19) Dienstag. Blochmanns Geburtstag. Meine Zeichnung unter Glas und Rahmen wird im untern Zimmer mit andern Geschenken aufgestellt. Um neun Uhr beginnt die gewöhnliche Institutsfeier und verläuft unter Gesang und Reden nach Gebrauch. Nach deren Beendigung werden die Geschenke in Augenschein genommen, und das meine erhält unverkennbar vielen Beifall.

24) Sonntag... Nachmittag 3 Uhr kommen auf meine Einladung etwa 12 Schüler der Akademie zu mir, um meine Studien sich zu besehen.

März.

3) Sonntag... Seit Beendigung der Zeichnung für Blochmann fortwährend mit der für die Linder beschäftiget...

10) Sonntag... Nach der Predigt zu von Quandt, welcher eine seiner interessantesten Mappen mit alten Kupferstichen, namentlich mit den herrlichen Arbeiten von Martin Schongauer, auf Freund Peschels Antrieb aus Dittersbach hereingebracht hat.

17) Sonntag... Um elf Uhr gehe ich hinüber nach Neustadt zu Herrn von Quandt, welcher heute seine Abdrücke Dürerscher Metallplatten vorzeigt.

18) Montag... In meinem Atelier die Aufzeichnung des Schlußbildes der Nibelungen endlich wirklich begonnen...

24) Palmsonntag... Um elf Uhr zu Herrn von Quandt, um die Kupferstiche von Lucas von Leyden zu sehen. Die Kompositionen stehen hinter den Dürerschen weit zurück, obwohl sie manches Schöne enthalten.


  1. Emilie Kinder, Kunstfreundin und Malerin, geb. in Basel 1797, gest. in München 1867 (s. Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 18 S. 697).
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/185&oldid=- (Version vom 19.5.2024)