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sind wieder ärger, und die Laterna magica der Phantasie führt eine Reihe der traurigsten Bilder vergangener und künftiger Zeiten an mir vorüber. In der That, es ist, als sollte es mit mir nichts mehr werden...

17) Montag. Eine Nacht mit vielen Schmerzen und wenig Schlaf. Vergnügen machen mir die Berichte der Kinder über den gestrigen Abend. Die Duetten von Mendelssohn, welche Emmy und Ludwig sangen, sollen mit Beifall gehört worden sein.

18) Dienstag... Rethel zeigt mir seine Komposition „Wie Carl der Große in das besiegte Pavia einreitet“, und wir besprechen uns über diese Arbeit, die er nun in meinem Atelier im Großen für Aachen aufzeichnen wird. – Auerbach und Frau kommen uns zu besuchen, was recht edel von ihnen ist, da wir ihnen noch immer keinen Gegenbesuch gemacht haben. Auerbach erzählt von seinem Drama, das nun beendiget ist, „Andreas Hofer“". Natürlich rechnet er darauf, es auf die Bühne zu bringen. Er lobt des edeln Ed. Devrient einsichtsvollen Rath und sieht sich dadurch zu manchen Aenderungen geführt.

19) Mittwoch... Auch die Zeichnung von Schwind zum Dante-Album des Prinzen Johann läuft ein. Sie ist sehr schön und wird uns beiden Ehre machen.

23) Sonntag... Ich empfange heute viele Besuche von Freunden. Herr von Quandt mit Prof. Hübner kommen, sodann noch Oehme, Rethel und Strauch. Am späten Abend wird noch musizirt. Emmy und Ludwig singen die schönen Mendelssohnschen Duetten ganz vortrefflich; zum Schluß entwickelt noch besonders Ludwig hervorragendes musikalisches Talent im Vortrag ernster und heiterer Gesänge.

25) Dienstag. Erster Feiertag... Ludwig wurde mit einer Ausgabe des Don Juan bedacht, die ihn sehr glücklich zu machen scheint. Uebrigens gab Ludwig heute Abend wieder Beweise seines hervorragenden musikalischen Talents.

26) Mittwoch. Zweiter Feiertag. Meine Beinwunden machen mir noch immer zu schaffen, obwohl ich doch wieder besser gehen kann. Es ist hohe Zeit, daß ich zu meinen Arbeiten komme, d. h. zu den nothwendigen; gearbeitet habe ich allerdings auch in den letzten Tagen; etliche biblische Kompofitionen ließen mir keine Ruhe... Die Kinder erfreuen sich ihrer Gaben, Ludwig geht fast in Don Giovanni auf.

30) Sonntag... Die Familie ist am Abend vollständig beisammen, obwohl nothgedrungen; denn die meisten ihrer Mitglieder mußten ihre Ausgänge aufgeben. So mußte Ludwig seinen Gang nach dem Theater wegen Heiserkeit und Husten aufgeben, welche Entsagung er nur unter vielen Thränen vollbrachte. – Doch sind wir dann heiter und fröhlich beisammen.

1850.

Januar.

1) Dienstag... Das Befinden unserer Emmy bessert sich unter Tags. Wenn auch die Mutter sich dadurch nicht bestimmen läßt, heute Abend mit zu Devrients zu gehen, woselbst eine lange beabsichtigte Aufführung einer kleinen Komödie endlich stattfinden soll, so gehen doch Tochter Marie und ich. Mir, ich leugne es nicht, ist es besonders darum zu thun, unsern dicken Ludwig, welcher mitspielt, zu sehen. Das Stück ist von Holberg, etwa vor 100 Jahren geschrieben und von Devrient aus einem fünfaktigen in ein einaktiges verwandelt. Es führet den Namen des Helden als Titel: „Erasmus Berg“. Dieser kehrt von der Universität in sein Dorf zurück und will mit seinem Wissen überall und herausfordernd den Meister spielen, wird aber endlich, zwar nicht durch Beweise, aber durch Gründe zur Ruhe gebracht. Die Kinder spielen alle vortrefflich. Carl Blochmann giebt die Rolle des alten Papa; die Mutter wird von einem Nachbarsmädchen ausgeführt; drei Knaben Devrients und mein Ludwig theilen die übrigen Rollen unter sich. Der Kreis der Zuschauer ist nicht übergroß und enthält unsere nächsten Verwandten und Freunde. Zuletzt wird noch ein wenig getanzt. Gegen 11 Uhr gehen wir nach einem sehr heiter verlebten Abend auseinander. Nur die gute Frau hätte dabei sein sollen.

3) Donnerstag... Gang in das Atelier, woselbst ich nun bereits Rethel in Thätigkeit finde. Die Umgießung seiner Komposition „Carls des Großen Einzug in Pavia“ ist nur zum Vortheil ausgeschlagen.

5) Samstag... Graf von Bose besucht mich und widmet mir eine im lebendigen Gespräch rasch verfliegende Stunde. Er will, daß ich heute Abend zu ihm komme und womöglich Rethel, für den er sich wegen seines Todtentanzes sehr interessirt, mitbringe. Es gelingt mir auch, diesen aufzufinden und zu bestimmen, daß er mich begleite...

15) Sonntag... Mit Graf von Bose zu Herrn von Quandt... Ich sehe bei dieser Gelegenheit meine Skizzen zu Ariost, die ich Quandt nach meiner Rückkehr aus Italien verehrte, wie auch die improvisirten Federzeichnungen, welche in Rom in dem Winter von 1819 auf 20 an Quandts Theetisch entstanden. Die letzteren namentlich, ich will es nicht in Abrede stellen, finde ich in ihrer Art sehr gut. Die Eindrücke, die ich vom Leben und der Natur aufgenommen, sind darin auf eine sehr frappante und ausgezeichnete Weise niedergelegt. Ich fühle aber auch recht deutlich, wie viel schwerer es ist, im Gebiete der Kunst eine bestimmte Aufgabe zu lösen, als nach Belieben Kreuz- und Quersprünge zu machen.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/184&oldid=- (Version vom 20.5.2024)