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Nun möchte wohl der wohlwollende Kunstfreund, daß den liebenswürdigen Sünderinnen um eines alten Bildchens Willen nicht gar zu weh geschähe. Hübner, dem die Schätzung aufgetragen ist, wird sich aber nicht irre machen lassen und den Werth auf 600 Thaler angeben. Uebrigens haben die liederlichen Dirnen auch in ihrer Nachbarschaft bei einem Lithographen ausgeräumt und werden wohl jedenfalls eine starke Zeche bezahlen müssen... Abends besucht uns Piloty...

21) Sonntag. Es besucht mich der alte achtzigjährige General von Igelström, den ich schon früher hier kennen lernte und der mich vor 11/2 Jahren in den Nibelungen-Sälen in München aufsuchte. Bei dem Namen Igelström erwachen viele Erinnerungen an Seume, der mit einem Igelström nahe befreundet war. Nach Tisch machen wir mit Piloty einen Spaziergang nach Grassis Villa[1], woselbst wir einen Kaffee zu uns nehmen.

23) Dienstag... Mittagsessen bei Graf Bose. Carus ist der einzige Mitgast. Den von Bose und mir aufgestellten Besorgnissen hinsichtlich der künftigen Selbständigkeit Sachsens und seiner Regierung gegenüber will Carus die Ansicht zur Geltung bringen, Sachsen werde vermöge der einzig richtigen Art, wie es die Hyder des Aufstands bekämpft und zertreten habe, auf eine „glänzende“ Weise aus den jetzigen Wirren hervorgehen. – Ich meine, daß, zugegeben der König und seine Minister hätten jetzt vollkommen das Rechte und Beste gethan, dadurch der Entwicklungsgang der deutschen Verhältnisse und die Umgestaltung unseres Vaterlandes, welche nun einmal die Auflösung der kleinen Souveränitäten zu bedingen scheint, nimmermehr werde aufgehalten und verändert werden. Die Seit wird lehren, wer Recht hat.

24) Mittwoch... Das entwendet gewesene Bild von Gabriel Metzu ist nun bereits wieder auf unserer Galerie.

31) Mittwoch... Ludwig bittet in das Theater gehen und die Aufführung des Wasserträgers ansehen zu dürfen. Auch ich entschließe mich dahin zu gehen, nachdem ich seit Jahr und Tag dasselbe gemieden habe, und nehme Emmy mit.

November.

1) Donnerstag... Alfred Rethel ist nun wieder angelangt und wird auch diesen Winter unter uns weilen und mit uns arbeiten. Er besucht uns am Nachmittag und weilt bis zum Abend. Später kommt dann Oehme, der mich auffordert, bei dem morgen stattfindenden Abschiedsfeste für Thaeter diesem den Abschiedsgruß in dem üblichen Toast zu bringen.

2) Freitag. Heute beschäftige ich mich damit, eine neue Komposition zu meiner Bibel (Elias im feurigen Wagen gen Himmel getragen) mit der Feder auszuzeichnen, und ich sehe zu meiner Freude, daß das ganz gut geht. – Durch eine Botschaft vom König wird mir der Auftrag zu Theil, bei Schraudolph eine Zeichnung zum Dante-Album des Prinzen Johann zu bestellen. – Das Thaeter-Fest wird heiter und fröhlich begangen. Es haben sich doch gegen 70 Personen dabei eingefunden. Mein Toast wird gut aufgenommen. Rud. Meyer[2] giebt einige sehr witzige gute Einfälle zum Besten. Thaeter selbst bringt es zu keiner Dankrede, ist aber sehr heiter und macht seine Sache im Einzelnen ab.

3) Samstag. Schreiben an Schraudolph abgefaßt und expedirt zur Vollziehung des mir vom König gewordenen Auftrags...

5) Montag... Besuch bei Bary. Ein sinniger, sehr talentvoller Künstler und tüchtiger Kolorist. Ein Bild für die Strafanstalt in Hubertusburg zeugt von neuem davon. „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid“ ist der Text des Bildes. Sorgende, Zweifelnde, Irrende und Verbrecher kommen, um ihre Last auf den Herrn zu werfen. Diese Figuren sind im Gewande der Neuzeit, und das ist recht. Christus ist nicht bloß für die vergangenen Geschlechter, sondern auch für uns. – ... Igelström erzählt mir Näheres über sein Verhältniß zu Seume. Der von diesem erzogene Graf Igelström war ein Vetter von dem meinigen; dieser wurde aber auf einer Reise von Seume begleitet. Es waren wenigstens ihrer fünf bis sechs Grafen dieses Namens, die mit Seume in nahe Beziehung traten.

6) Dienstag... In der Stadt begegnet mir der Holzschneider Gaber, der im Begriff war, mich aufzusuchen und mir mehrere Holzschnitte nach L. Richter zu bringen, da er gehört hat, ich habe mir ein Richter-Album angelegt. Ein Blatt „Das Lob des Weibes“ ist ganz köstlich. Gaber wünscht, daß ich auch für ihn etwas zeichne. Das mag geschehen, und schon habe ich eine Idee zu einem Blatt: ich möchte nämlich wohl für ihn das früher projektirte Kalendertitelblatt aufzeichnen; sonst wären meine Kompositionen von „Glaube, Liebe, Hoffnung“ im kleinen Format, „die Andacht der heiligen Familie“ und die „Kinderaufführung des Festes der heiligen drei Könige“ wohl nicht unpassend für Gabers Zwecke.

11) Sonntag... Der gestern von Schraudolph erhaltene Brief veranlaßt mich ins Schloß zu gehen,


  1. Sie stand da, wo sich jetzt die Restauration zum Plauenschen Felsenkeller befindet.
  2. Historienmaler, später bekannt geworden als verpflichteter Taxator und Auktionator.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/182&oldid=- (Version vom 20.5.2024)