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Verschiedene: Die zehnte Muse

Gustens Brief an die im Bade weilende Herrschaft.

An die Herrschaft schreib’ ich jetzt! –
Sprach’s und hab’ mir hingesetzt;
Doch im Tintenfasse finde
Ich nur eine trockne Rinde,

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Diese weich’ ich im Verlauf

Längrer Zeit mit Wasser auf.
Wie ich endlich bin bereit,
Fehlt auf einmal mir die Zeit,
Weil mein Robert, vor mir stehend,

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Fort mir reisst, spazieren gehend.

In der Nacht nach Haus gekommen,
Hab’ ich gleich mir vorgenommen:
Heute schreib’ ich oder nie!
Denn was thät’ ich nicht für Sie.

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Ruh’gen Herzens fang ich an;

Wohl mir, das ich melden kann:
Alles ist hier gut gegangen,
Seit die Ferien angefangen.
Da ich einsam hier geblieben,

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Hab’ ich mir die Zeit vertrieben

Mit Geduld und mit Humor –
Uebrigens fiel hier nichts vor.

     In den ganzen sieben Wochen
Ist nur einmal eingebrochen,

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Mitten in der tiefen Nacht –

Ich, zum Glück, bin nicht erwacht;
Todgeängstigt hätt’ ich mir
Bei das Rasseln an die Thür.
Aber, wie gesagt, ich schlief,

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Währenddem die That verlief.

Andern Morgens erst inzwischen,
Als ich kam, um Staub zu wischen,
Ahnt’ ich etwas, wie ich fand,
Dass es allens offen stand.

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Welch ein Anblick – man bedenke! –

Als Kommoden ich und Schränke
Sah gewaltsam aufgerissen.
Was gestohlen – wer kann’s wissen?
Denn mir fehlt das Inventar

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Ueber das, was früher war.

Dass mir selbst nichts fortgekommen,
Hab’ sogleich ich wahrgenommen,

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Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/338&oldid=- (Version vom 31.7.2018)