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consigliato. Dieses Bild, No. 212, ist zwar ganz und gar übermalt und somit durchaus entstellt, läßt jedoch an einigen Stellen noch immer wenigstens die Schule erkennen, der es angehört, und das ist ohne Zweifel die des Palma vecchio. Der Typus sowohl des Christkindes als des Täufers so wie die Bewegung der h. Catharina sind durchaus die des Palma, und dieses Merkmal ist mit einer Entschiedenheit ausgeprägt, daß ich annehmen möchte, das Gemälde habe dereinst dem Meister selbst angehört. Zu meiner großen Genugthuung sehen auch die Herren Cr. und Cav. darin „die Art und Weise des Palma oder seiner Schule“ (II, 484).

Ein so arg entstelltes Bild sollte aber doch in einer öffentlichen Galerie keinen Platz finden dürfen.

Unter Nummer 33 (unbekannt) finden wir ein reizendes Bildchen, welches die h. Jungfrau mit dem Christkinde zwischen zwei Engeln darstellt. Es ist nach meinem Dafürhalten ein Werk des Veroneser Giovan Francesco Carotto; leider ist es sehr übermalt[1].

Ein Hauptwerk aus dieser altvenezianischen Schule wurde vor einigen Jahren von der Direktion dieser Galerie in Wien angekauft: es ist dies der große h. Sebastian des Antonello da Messina (No. 2382), ohne Frage eine


  1. Hier erinnert der Engel hinter der Madonna an einen andern Engel, den Carotto in dem Bilde der bekannten Kapelle der Kirche von S. Eufemia zu Verona gemalt hat. Auch ist die Orangefarbe charakteristisch für die Schule des Liberale da Verona, welcher Carotto angehört. Dieses Bild verdiente wahrlich von seiner Maske befreit und sodann in die Nähe des schönen Porträts von Carotto’s Landsmann Cavazzola (No. 2411) aufgestellt zu werden. In den deutschen Sammlungen sind mir nur noch zwei Werke dieses talentvollen veronesischen Malers zu Gesichte gekommen, nämlich ein kleines bezeichnetes Madonnenbild (Jugendarbeit) in der Sammlung des Städel’schen Instituts zu Frankfurt (No. 21) und ein liebenswürdiges Madonnenbild bei Baron Sternburg zu Lütschena. In diesem letztern Bilde betet die Madonna mit gefalteten Händen das vor ihr liegende Christkind an; Hintergrund Landschaft.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/186&oldid=- (Version vom 31.7.2018)